Die Debatte um hohe Mieten und Immobilienpreise nimmt derzeit wieder Fahrt auf. Auch Bundestagsabgeordnete und Parteivorsitzende faseln mittlerweile vor laufenden Kameras unverhohlen von der möglichen Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften. Bei einigen Parteien, deren Vorsitzende auch schon Strom im Netz speichern wollten, wundert das niemanden mehr. Bei anderen hätte man gedacht, die Erfahrungen, sowohl mit der Qualität staatlicher Wohnungsverwaltungen als auch mit Enteignungen, hätten einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dem ist offenbar nicht so.

Ursachenforschung: Begrenztes Angebot und hohe Nachfrage…

Die anziehenden Mieten in den Ballungszentren sind unverkennbar. Die Ursachenforschung lässt - wie bei anderen Themen - zu wünschen übrig und so fallen selbst Menschen mit wenig Zeit viele Fragen ein. In einigen Städten wie München oder Frankfurt ist man diesen Trend schon lange gewohnt. Die vergleichsweise kleinen Stadtzentren sind allseits beliebt, die Nähe zum Arbeitsplatz ist ein hohes Gut für das mancher gerne mehr auf den Tisch legt - und in manchen der umliegenden Viertel sieht man die erfolglosen Versuche noch heute als erfolgreich gefeierte Sozialexperimente.

Dummerweise werden kleine Stadtzentren nicht größer, nur weil sie sehr beliebt sind. Eine anziehende Nachfrage hat so leichtes Spiel, die Preise deutlich nach oben zu treiben. Bei einer Immobilie genügt eben ein einziger Interessent, der eine für die meisten anderen verrückt anmutende Miete zu zahlen bereit ist. Das gilt auch für den Kauf von Häusern. Auch in kleineren Städten mit halbwegs ordentlicher Anbindung und Infrastruktur werden gerne mal 500.000 Euro und mehr für ein mäßig großes Haus mit handtuchgroßem Garten gefordert und auf den Tisch gelegt. Über diese Preise kann der Wohnungskäufer in Berlin Mitte freilich nur lachen, das macht das Preisniveau allerdings hüben wie drüben nicht gesünder.

Was darf oder muss Wohnraum kosten? Welche Vergabekriterien sind anzulegen?

Generell stellt sich die Frage, wer eigentlich ermitteln soll, was Wohnraum kosten darf, beziehungsweise was er kosten muss, um allein den Substanzerhalt gewährleisten zu können. Selbst wenn es genügend Wohnraum gibt, bekommt nicht jeder seine Wunschwohnung im Wunschviertel. Dieses Ungleichgewicht gestaltet sich typischerweise in den verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich.

Eine Ursache für den Mangel an innerstädtischen Wohnungen ist neben der Nähe zur Arbeitsstelle in Großstädten oft auch der Wunsch vieler Menschen, dort wohnen zu bleiben, wo sie seit geraumer Zeit wohnen. Das ist menschlich nachvollziehbar und klingt moralisch unangreifbar, bedeutet aber im Umkehrschluss, dass man es anderen verwehrt, eben dort hinzuziehen.

Wenn Malte gerne im Schanzenviertel in Hamburg wohnen bleiben will, kann in der gleichen Wohnung eben nicht auch Kevin wohnen. Es sei denn, die beiden einigen sich auf eine WG, aber selbst für diese gibt es - anders als angeblich für manches Land - eine Obergrenze des Machbaren. Wem will man nun das Recht auf diese Wohnung zusprechen und auf welcher Basis entscheidet man?

Gentrifizierung in anderem Licht: Ab wann ist eine Verdrängung eigentlich verwerflich?

Natürlich könnte man auf die wirre Idee kommen, überall so viel Wohnraum schaffen, bis jeder dahin ziehen kann, wo er will. Zum einen gehört dazu natürlich eine gewisse Weitsicht, denn mit dem Bauen erst anzufangen, wenn man merkt, dass es knapp wird, ist wie sonntags nachzuschauen, ob man besser Samstag noch eingekauft hätte.

Baut man dann drauflos, wird man sich in manchen Gegenden deutlich stärker in die Höhe orientieren und gegebenenfalls alte Häuser abreißen müssen. Das kommt vermutlich ebenfalls nicht gut an, denn mehr Wohnraum darf ja weder mehr kosten als der Altbau, noch soll das Gesicht der Stadt zu stark verändert werden. Es ist wie das Herbeisehnen von Windrädern in der Pampa bei gleichzeitigem Verteufeln von Strommasten und Erdkabeln.

Diese und ähnliche Diskussionen werden oft von der gleichen Heuchelei bestimmt wie das Beklagen der so genannten Gentrifizierung bestimmter Stadtviertel. Die Bewohnerschaft von Stadtvierteln verändert sich im Laufe der Zeit, einige Viertel verrotten und rutschen ab, andere Viertel werden hip. Verlogen ist es jedoch, die eigene Besiedlung von Stadtvierteln – wer hat nochmal vorher in der Schanze gewohnt? - stets positiv zu beurteilen, die später folgende eigene Verdrängung durch „Medienleute“ (früher hieß es noch „Yuppies“) aber als moralisch verwerflich darzustellen.

„Entmietung“ - Rechtssicherheit wäre ein Anfang!

Das Thema Mietanstiege lässt sich nicht auf große Immobilien-Gesellschaften reduzieren. Die zu beobachtenden Mietanstiege zeigen sich bei allen Wohnungen, selbst wenn die Konzerne sich mit ihrer teils abstoßenden Behandlung von Mietern selbst zum aktuellen Lieblingsfeind gemacht haben. Auch die beschönigende Bezeichnung „Entmieten“ für das aktive Mobben und Herausekeln von Mietern kann diesen Eindruck nicht abschwächen. Doch diesen Punkt sollte man mit rechtlichen Mitteln bearbeiten. Schon eine verlässliche Rechtssicherheit für Mieter bei deutlichen Mietminderungen wäre ein großer Schritt.

Alimentierung Zugezogener macht Geringverdienern das Mieterleben noch schwerer

Es gibt viele weitere Punkte, die einen Anstieg der Mieten befördern. Zum einen sind der massive Zuzug und das damit verbundene Wachstum der Nachfrage nach Wohnraum zu nennen. Seit der Umsetzung der dem Kanzleramt entsprungenen „macht hoch die Tür, die Tor macht weit“-Kampagne hat sich die Lage gerade bei Wohnungen in den niedrigeren Preissegmenten noch einmal deutlich verschärft.

Die in vielen Fällen staatlich alimentierten und damit sicheren und pünktlich auf dem Konto eintreffenden Mieten verringern die Chancen von Geringverdienern zum Zuge zu kommen. Das mag aus welchen ideologischen Gründen auch immer ein politisch heikles Thema sein, aber politische Korrektheit ändert nichts an der Arithmetik.

Wer hätte das gedacht? Auch teurer Kauf und Bau erhöht implizit die Mieten

Für weiteren Druck sorgen die immer restriktiveren, oft geradezu aggressiv verschärften Bau- und „Umwelt“-Vorschriften. Diese führen zu einer Verteuerung von Neu- und Umbauten. Während nicht wenige Politiker gerne den Wohnungsmangel beklagen, vergessen sie, wer einen Großteil der problematischen Rahmenbedingungen in den letzten Jahrzehnten geschaffen hat. So sind nicht nur die Mieten gestiegen, sondern auch die Kosten für Neubauten. Der notwendige Umfang des ökonomischen Sachverstands, um hier einen möglichen Zusammenhang zu erkennen, ist überschaubar.

Dazu gesellen sich für die Käufer von Wohnungen und Immobilien teils lächerlich hohe Gebühren für Dinge wie Notardienstleistungen und Grundbucheinträge. Da kommen schnell ein paar tausend Euro zusammen und obendrauf kommt dann die Grunderwerbsteuer. Das alles ist daher relevant, weil der Kauf einer Wohnung oder eines Hauses die natürliche Konkurrenz der Miete ist - und jemand die Immobilie, die er nicht gebaut oder gekauft hat, auch nicht vermieten kann. Verteuert der Staat den Kauf oder Bau, verteuert er implizit die Mieten. Politiker, die gerne sinkende Mieten bei steigenden Bau- und Erwerbsnebenkosten sehen würden, fordern vermutlich auch gleichzeitig steigende Milchpreise für die Bauern und sinkende Milchpreise für die Konsumenten.

Negativzinsen tun ihr Übriges: günstige Kredite erhöhen Nachfrage weiter, Anleiherenditen sinken

Auch andere Ursachen, die gänzlich ausgeblendet werden, die aber einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der Kosten von Neubauten und Bestandsimmobilien haben, bleiben in der Diskussion beinahe komplett unberücksichtigt.

Nicht zu übersehen sind die anhaltenden Negativzinsen der Europäischen Zentralbank. Diese dienen der Stützung des Euro-Konstruktes und führen zu vielerlei Risiken und Nebenwirkungen. Dabei sorgen sie auf zweierlei Weise für steigende Preise. Zum einen ist die Nachfrage nach Mietwohnungen deutlich höher, weil besicherte Finanzierungen wie ein Immobilienkredit de facto fast für lau zu haben sind.

Zum anderen sinken angesichts niedriger Renditen am Anleihemarkt die Renditeansprüche der privaten und institutionellen Immobilienkäufer dramatisch. Zu diesen Anlegern zählen Versicherungen und Pensionskassen sowie natürlich andere Anbieter von Altersvorsorgeprodukten, wie Investmentfonds und ETFs. Von daher sollte man zwei Mal hinschauen und prüfen, wen man eigentlich enteignet.

Knapp daneben ist auch vorbei! Enteignung trifft privat Vorsorgende!

Viele, die besonders schnell eine Enteignung fordern, wissen zudem offenbar nicht, wie eine Aktiengesellschaft funktioniert. Wen gedenkt man wohl zu enteignen, wenn man beispielsweise die Vonovia verstaatlicht? Schaut man sich einmal an, in welchen Portfolios viele Aktien von Immobiliengesellschaften liegen, so wird man neben den Depots einiger Privatanleger vor allem bei Pensionskassen und Fonds respektive ETFs fündig.

Diese dienen unter anderem zur privaten Vorsorge. Man enteignet also eine große Zahl verschiedener Anleger, deren Geld von Fonds oder Versicherungen verwaltet wird. Eine nicht wirklich durchdachte Lösung. Ob eine Entschädigung für Riester-Sparer geplant ist? Vielleicht wird diese ja in Genossenschaftsanteilen des bald zur KfZ-Kolchose umfirmierten Autoherstellers BMW ausgezahlt!?

Die folgende Grafik zeigt die größten Halter von Vonovia Aktien.

   

BlackRock überrascht als einer der größten ETF-Anbieter an dieser Stelle nicht. Die Aktien gehören übrigens nicht BlackRock, wie dies mancher etwas übermotivierte und ach so investigative „Journalist“ vermutet und auch das ZDF gerne herausposaunt, sondern den von diesem Verwalter aufgelegten Sondervermögen, sprich Fonds. Hier ein kleiner Auszug der Produkte, in denen sich die Aktien der Vonovia so alles findet. Das sieht bei anderen Fondsanbietern ähnlich aus.

   

Risikofreude wird bestraft – oder die Mär von Traumrenditen

Allen Unkenrufen zum Trotz sind übrigens derzeit am Immobilienmarkt keine Traumrenditen zu erzielen. Diese erzielten mutige Anleger und private Käufer, die in der Finanzkrise entscheidungsfreudig genug waren und zu einem Zeitpunkt gekauft oder gebaut haben, als kaum jemand dazu bereit war.

Wie schwierig solche Entscheidungen sind, kann man nicht beurteilen, wenn man bloß auf die Rendite schaut, nachdem sich alles wieder beruhigt hat. Es ist ziemlich absurd, gleichzeitig einen Wohnungsmangel zu beklagen und denjenigen Vorwürfe zu machen, die in der Krise gebaut oder gekauft haben. Genauso absurd ist es, dauerhaft Nullzinsen zu fordern, ein Inflationsziel auszugeben und gleichzeitig zu hoffen, dass die Preise realer Güter trotzdem fallen werden.

   

Warum nicht kaufen, statt enteignen? Es ist doch so günstig und rentabel…

Ginge man von staatlicher Seite übrigens von Traumrenditen aus, so müsste man die Gesellschaften  gar nicht enteignen, sondern könnte sie einfach im Rahmen eines Kaufes übernehmen, um dann selbst in den Genuss der vermeintlichen aufwandslos hereinsprudelnden Traumrenditen zu kommen. Die Finanzierung kriegt der Bund ja derzeit billiger als kostenlos.

Es schließt sich die Frage an, was mit den Wohnungen der enteigneten Firma nach der Verstaatlichung passiert. Werden diese dann wie in den wilden Kolchose-Träumen von den neuen „Eigentümern“ selbst verwaltet? Wird die Hausverwaltung dann gleichzeitig besser und billiger - und wer übernimmt sie, handelt es sich doch immerhin um Arbeit?

Ehrlich gesagt, wäre es wirklich spannend, sich so ein Experiment einmal anzuschauen und zu dokumentieren. Schon früher waren die größten Weltenretter so sehr mit dem Spinnen von Utopien in der WG-Küche beschäftigt, dass das Spülen des Geschirrs oder der Hausputz auf der Strecke blieben. Alle Schweine sind eben gleich, aber manche sind gleicher.

Debatte als populistischer Offenbarungseid

Bei allen Problemen, die für viele Menschen durch steigende Mieten entstehen: Die vorgeschlagene Enteignung einer Aktiengesellschaft ist der finale Offenbarungseid der zu weiten Teilen selbst eingebrockten Probleme am Immobilienmarkt. Verbindet man dies mit den zunehmend wirren und esoterisch anmutenden Reden einiger grüner und roter Gewächse, dann darf man sich ernsthaft Sorgen machen. Einige dieser seltsamerweise von der Presse nie „Populist“ genannten Damen und Herren können mit dem Rechtsstaat offenbar nichts mehr anfangen, sobald er ihnen im Wege steht.

So droht die Republik weiterhin auf dem direkten Wege zurück in den sozialistischen Wahnsinn zu schlingern. Aber warum jammern und nicht voller Stolz in das zukünftige gestern blicken? Schon in der DDR konnte man stolz darauf sein, die größten Mikrochips der Welt gebaut zu haben. Den Witz verstehen einige bis heute nicht.

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