Griechenland rüstet in der Krise auf – Bevölkerung soll es schultern

Allein das Budget für das Rüstungsprogramm liegt, auf die nächsten 15 Jahre verteilt, bei 25 Milliarden Euro. Absoluten Vorrang haben 18 Dassault Rafale Kampfflugzeuge der neuesten Generation. Zwölf davon sollen in einem „leicht gebrauchten“ Zustand von der französischen Luftwaffe übernommen werden. Schon in 2021 sollen die Flugzeuge der griechischen Luftwaffe zur Verfügung stehen. Bis 2022 sollen sämtliche, mit modernster Bewaffnung ausgestatteten Flieger in Griechenland sein.

Der Pflichtwehrdienst im griechischen Heer wird von neun auf zwölf Monate erhöht. Die Wehrpflicht soll möglichst ohne Aufschub bei Vollendung des achtzehnten Lebensjahrs angetreten werden. Dazu kommt die Rekrutierung von 15.000 neuen männlichen und weiblichen Berufssoldaten.

Die griechische Kriegsmarine bekommt vier deutsche Fregatten der MEKO-Klasse a 100 Millionen Euro spendiert. Alle drei Verteidigungssparten, Heer, Luftwaffe und Marine, erhalten mit umfangreichen Ausrüstungsprogrammen Munition, Torpedos und Raketen.

Wie das finanziert werden soll, verdeutlichte Premier Kyriakos Mitsotakis bereits am 26. August im griechischen Parlament:

wenn dies bedeutet, dass wir einige kleine Opfer vom griechischen Volk fordern müssen, dann müssen wir uns alle gemeinsam einigen, dass wir diese Opfer aufnehmen, um endlich unsere Streitkräfte absichern zu können.

Wahlgeschenke (?) für die politische Klientel?

Mit einem Zwölf-Punkte-Programm möchte Mitsotakis die Wirtschaft ankurbeln. Die zwölf Punkte im Einzelnen sind:

  1. Senkung der Sozialabgaben für Arbeitgeber um drei Prozentpunkte für das Jahr 2021. Diese Maßnahme soll 820 Millionen Euro kosten.

Faktisch bedeutet dies, dass dem Arbeitsamt OAED die Finanzierung entzogen wird. Bereits am 1. Juni waren die Arbeitgeberbeiträge um 0,9 Prozentpunkte gemindert worden. Damit entgehen dem OAED insgesamt 56 Prozent seines jährlichen Budgets, 1,2 Milliarden Euro. Mit den übrigen knapp 700 Millionen muss das Amt dann unter anderem 1,5 Milliarden Euro Arbeitslosenhilfe finanzieren, während bereits jetzt im Budget ein Fehlbetrag von 180 Millionen Euro festgestellt wurde.

  1. Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Verdiener höherer Einkommen für 2021.

Diese 770 Millionen Euro kostende Maßnahme entlastet die höheren Einkommensschichten bereits für die Steuererklärungen für das Wirtschaftsjahr 2020. Es werden faktisch diejenigen entlastet, die mit relativ hohem Einkommen durch die Corona-Krise kommen.

  1. Arbeitsplatzsubventionierung für Unternehmen in Höhe von 350 Millionen Euro für 100.000 Arbeitsplätze.

  2. Erweiterung des Programms Syn-Ergasia für die Subventionierung von Arbeit, sowie Verlängerung der Kurzarbeit bis zum Ende 2020. Kosten beider Programme 190 + 330 Millionen Euro.

  3. Die Steuervorauszahlungen für das dritte und vierte Quartal sollen gestundet werden.

Gesamtkosten für diese Maßnahme 2,1 Milliarden Euro. Insgesamt werden damit, unter Berücksichtigung der beiden anderen Quartale, im Jahr 2020 mehr als 4,1 Milliarden Euro Steuereinnahmen gestundet.

  1. Für die Jahre 2021 – 2023 gibt es eine besondere steuerliche Förderung für Investitionen in Informationstechnologie und erneuerbare Energien. Die Förderung wird durch schnellere Abschreibungen der Investitionssummen gewährt.

  2. Rentnern sollen aufgrund eines höchstrichterlichen Gerichtsurteils zu Unrecht gekürzte Rentenauszahlungen erstattet werden. Kosten wird das 1,86 Milliarden Euro.

  3. Abschaffung der Immobiliensondersteuer ENFIA für kleine und an der Grenze gelegene Inseln. Diese Maßnahme schlägt mit 1,5 Milliarden Euro zu Buche und betrifft insgesamt 28 Inseln.

  4. Für alle von der CoVid19 betroffenen Privatpersonen und Unternehmen gibt es eine Steuer- und Sozialabgabenstundung bis zum 30. April 2021.

  5. Die niedrigeren Umsatzsteuersätze, die wegen der Corona-Pandemie gesenkt wurden, gelten bi zum 30. April 2021. Hier betragen die Kosten 150 Millionen Euro.

  6. Die Verschiebung der Versteigerung der einzigen Wohnung von Kreditschuldnern wird bis Ende 2020 verlängert.

  7. Die Arbeitslosenhilfe wird hinsichtlich ihrer Zugangsbedingungen erleichtert und hinsichtlich der Laufzeit verlängert. Dies ist mit 230 Millionen Euro veranschlagt.

Wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer

Nicht in den zwölf Punkten enthalten ist der Aufschub der Anpassung der steuerlichen Erfassungswerte für die Grundsteuern. Nutznießer dieses Aufschubs über das Jahr 2021 hinaus sind die Besitzer teurer Immobilien, die weiterhin günstig besteuert werden. An den Antipoden befinden sich die Besitzer von Immobilien in ärmeren Wohngegenden. Diese bezahlen mehr, als sie aufgrund des Immobilienwerts zahlen müssten.

Zu den Verlierern zählen auch die Arbeiter und Angestellten, die weitere Aufweichungen des Arbeitsschutzrechts hinnehmen müssen. So sollen die in den Achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von der Arbeiterbewegung gewonnenen Zugeständnisse wieder rückgängig gemacht werden.

Schätzungen gehen davon aus, dass Griechenland in der Corona-Pandemie zwischen 40 und 50 Milliarden Euro seines Bruttoinlandsprodukts einbüßen wird. Dieses sollte 2020 gemäß den Budgetplanungen bei 221 Milliarden Dollar liegen. Vor der Staatspleite, 2008, hatte es einen Spitzenwert von 356,14 Milliarden Dollar erreicht.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Der Leser erfährt in diesem Artikel, wie es aktuell um die griechischen Staatsfinanzen steht, und wie sich die Regierung die weitere Entwicklung vorstellt. Die Bevorzugung einer bestimmten politischen Klientel zulasten der allgemeinen Bevölkerung scheint hierbei inzwischen gewohnte „Normalität“.

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