Die Feuerfronten zerstören im gesamten Land Wohngebäude, Ställe, in denen Vieh verbrennt, Industrieanlagen und Agrarflächen. Viele Bürger stehen trotz Versicherungen vor dem Ruin. Denn das Kleingedruckte vieler Verträge sorgt dafür, dass sie oft nur ein Drittel ihres Schadens ersetzt bekommen.

Waldbrände verstärkt durch Nordwinde

Es gab sie schon immer, jedoch werden sie jedes Jahr umfangreicher und zerstörerischer. Aktuell befindet sich Griechenland vor dem Beginn der zweiten massiven Hitzewelle, während die Meteorologen bereits die dritte Welle im Visier haben.

Auf heiße Tage folgen in Griechenland die sogenannten Meltemia, starke kühlere Nordwinde. Früher kamen sie Ende Juli und im August. Die Meltemia haben Griechenland davor bewahrt, ein afrikanisches Klima zu haben. In Bezug auf Waldbrände sind die nun zeitlich immer früher kommenden Winde ein großer Risikofaktor. Starker Wind, vertrocknete Vegetation, das ist wie ein Rezept für die rasche Ausbreitung kleinerer Feuer, die dann zu unkontrollierbaren Flächenbränden werden.

Ein führender Universitätsprofessor in Griechenland warnt nun, dass die vom Klimawandel begünstigten Brände selbst wieder den Klimawandel anheizen. Ein Teufelskreis, denn die Feuerwehr und weitere Ämter, die den Wald schützen könnten, wurden auch auf Druck der EU kaputtgespart.

Energiewende und Umweltpolitik „grüner als die Grünen“

Die Waldbrände der Siebziger und Achtziger des vergangenen Jahrhunderts waren Brandrodungen. Auf den gerodeten „Grundstücken“ entstanden Schwarzbauten, oft sogar Hotels. Diese wurden wegen der Klientelwirtschaft der griechischen Politik und zur Generierung staatlicher Einnahmen gegen einen Obolus nachträglich legitimiert. Dieser Missstand wurde durch entsprechende Gesetze eingeschränkt.

Tatsächlich präsentiert sich die aktuelle nationalkonservative Regierung „grüner als die Grünen“. Während der Regierungszeit von Premier Kyriakos Mitsotakis wurden im gesamten Land Anlagen zur Erzeugung von Energien aus erneuerbaren Quellen installiert. Griechenland hat bereits Tage erlebt, an denen die erneuerbaren Energien den gesamten Strombedarf des Landes deckten.

Umfangreiche Förderprogramme sollen auch Privatleuten die Nutzung der Solarenergie für Stromerzeugung und Heizung erschwinglich machen. Ein Heizungsgesetz, strenger als es nun in Deutschland diskutiert wird, ist bereits gültig. Die Mobilitätswende verpflichtet Unternehmen, ihren Fuhrpark auf elektrische Fahrzeuge umzustellen.

Die Bilanz der Energiewende von Mitsotakis kann sich sehen lassen. 38,4 GWh elektrischer Strom wurden am 19. Juli von den Windkraftanlagen im Land produziert, was 19,9 Prozent des Tagesverbrauchs ausmachte. Im gesamten Jahr 2022 waren es allein durch die Windkraft 10,7 TWh elektrischer Strom, was 21,5 Prozent des gesamten Jahresstromverbrauchs entsprach.

Dazu kommen die Solarenergie und die Wasserkraft. Zwei große, auf Wasser installierte Solarparks mit einer Leistung von 18,6 Gigawatt sollen bald ans Netz gehen. Dazu kommen neue Solarenergieanlagen von weiteren vier Gigawatt, die auf einen Anschluss warten. Die berühmt berüchtigte griechische Bürokratie wurde für Investitionen in erneuerbare Energien effektiv verschlankt. Es ist eine Art Phänomen, dass auch in Naturschutzgebieten und verbrannten Wäldern relativ problemlos industrielle Windparks gebaut werden.

Auf Inseln entstehen erste komplett mit erneuerbaren Energien bespeiste Wohnsiedlungen. Auf den ersten Blick ist Griechenland ein Musterland in Bezug auf die aktuelle EU-Energiepolitik. Jedoch haben die griechischen Regierungen eine fatale Entscheidung getroffen. Sie haben bei der Vorsorge gespart.

Troika-Spardiktat und Stellenabbau

Nach der Staatspleite von 2010 wurde den Griechen ein großer Stellenabbau im öffentlichen Dienst diktiert. Nach dem Motto, dass die Waldfeuerwehrleute und Förster die meiste Zeit nur in Bereitschaft sitzen würden, wurden massiv Arbeitsplätze abgebaut und Investitionen in Geräte und Schutzausrüstungen gestrichen.

Es ist bezeichnend, dass in der Waldschutzbehörde von Lavrion bei Attika null von fünfzig Planstellen für Waldarbeiter besetzt sind. Mit keinem statt fünfzig Waldarbeitern kann natürlich der Wald nicht von trockenem Gehölz und trockenen Gräsern befreit werden. Nun brennt der Wald am Paneion Oros in Ostattika mitten im Verantwortungsgebiet der Waldbehörde Lavrion. Kein Einzelfall.

Dass Wälder und frei liegende Felder voller trockenem Brennmaterial leichter brennen, ist ein Umstand, der in Griechenland bei jedem Waldbrand extensiv im Fernsehen diskutiert wird. Konsequenzen gibt es keine.

Die griechischen Feuerwehrleute kämpfen, wenn sie Glück haben mit einer Gasmaske, in zu geringer Truppenstärke ohne besondere Schutzkleidung gegen die Waldbrände an. Statt in die Feuerwehr und Waldarbeiter zu investieren, schaffte Mitsotakis lieber eine dreistellige Zahl von Polizeifahrzeugen an und stellte eine vierstellige Zahl neuer Polizisten ein.

Zumindest in einem Punkt sind zwei polizeiliche Sonderfahrzeuge nützlich. Die ultramodernen Wasserwerfer, die vor Monaten ironischerweise auch gegen protestierende Feuerwehrleute eingesetzt wurden, helfen nun bei der Brandbekämpfung. Aufgrund des Stromausfalls wegen der brennenden Oberlandleitungen in den Brandgebieten gibt es dort oft keinerlei Wasserversorgung, weil die notwendigen Pumpen ausfallen.

Ersehnte und gefeierte Hilfe kommt aus Rumänien, Malta und Bulgarien. Besonders die rumänischen Feuerwehrleute werden in Griechenland wie die Personifizierung von Supermann gefeiert. Zu Recht, denn neben ihrer perfekt einstudierten Taktik und ihrer modernen Ausrüstung, die auch Wasserpumpen beinhaltet, erscheinen die tapferen aber unglücklichen und sehr schlecht bezahlten griechischen Kollegen wie Zeitreisende aus längst vergangener Zeit. Die Rumänen wurden gleich mindestens für den gesamten Monat für den Schutz rund um Attika geleast.

Alarmierende Studien zu den Waldbränden

Efthymis Lekkas, Professor für dynamische Tektonik, angewandte Geologie und Naturkatastrophenmanagement an der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen und Präsident der Organisation für Erdbebenplanung und -schutz schlägt deswegen Alarm.

Kürzlich wurde an der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen berechnet, dass ein Anstieg von 0,5 Grad in besonders empfindlichen Gebieten wie dem Mittelmeer die Dauer hoher Temperaturen um 30 Tage und die Dauer einer Hitzewelle um 5 Tage verlängert. Ein Waldbrand erhöht das Risiko von Überschwemmungen um das Siebenfache, das Risiko von Bodenerosion um das Vierfache und das Risiko von Erdrutschen um das Dreifache, was alles zum Fortschreiten der Wüstenbildung und natürlich zur weiteren Beschleunigung des Temperaturanstiegs beiträgt. Mit anderen Worten, es ist ein Teufelskreis, dessen Geschwindigkeit immer weiter zunimmt“, erklärte der Professor.

Er warnt vor der Rückkopplung der Effekte der Waldbrände auf eine weitere Erhöhung der Erderwärmung, nicht nur in Griechenland, sondern global. Er betrachtet die Gesamtauswirkungen von Waldbränden und verweist darauf, dass „Waldbewirtschaftung, Luftverschmutzung, Wasserverschmutzung, Vorhersage des Fortschreitens von Waldbränden, Bodenveränderungen, Erdrutschrisiko, Überschwemmungen, Erosionsschutz, Neugestaltung der Infrastruktur und kritischer Netzwerke, Waldregenerationsprozess, qualitative und quantitative Verschlechterung des Wasserelements“ einige der Teilaspekte sind mit denen sich die griechischen Wissenschaftler im Zusammenhang mit dem Klimawandel beschäftigen.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Bleibt zu hoffen, dass die Regierung in Athen hinsichtlich der Vorsorge endlich etwas unternimmt. Ein kippendes Klima rund ums Mittelmeer lässt aber auch Deutschland nicht unberührt. Auch hier sollte man sich vorbereiten.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"