Die Energiearmut in Griechenland ist bereits spürbar. 20 Tonnen Brennholz, welches die Stadtgemeinde Thermi bei Thessaloniki wie jedes Jahr für mittellose Mitbürger sammelte, verschwanden auf bisher ungeklärte Weise. Die Angst vor dem Winter und der Energieknappheit hat in Griechenland Brennholz zu einem Luxusgut werden lassen.

Preistreiber Energie

Die griechischen Verbraucher erwartet mit dem Oktober eine weitere Hiobsbotschaft. Der Preis für Diesel wurde bislang mit staatlichen Zuschüssen niedrig gehalten. Der Zuschuss fällt ab dem 1. Oktober weg, Diesel wird an den Zapfsäulen teurer als Benzin werden. Dieser Preisanstieg wird über die Verteuerung der Transporte die Teuerung bei Waren und Dienstleistungen weiter anfeuern. Ende September meldete EuroStat für Griechenland eine Inflationsrate von 12,2 Prozent.

Statt des Diesels wird der Staat Heizöl finanziell fördern. Ab der letzten Oktoberwoche können Verbraucher in Griechenland Heizöl bestellen. Ohne staatliche Fördergelder könnte ein Großteil der Bürger und Unternehmen in Griechenland die Energie nicht mehr bezahlen. Die Fördermittel sind jedoch begrenzt, betont das Finanzministerium und warnt vor einer neuen Staatspleite.

So erwarten die Fischer des Landes endlich eine finanzielle Prämie zur Entlastung. Im vergangenen Jahr kosteten 1.000 Liter Schiffsdiesel, das in Griechenland nicht besteuert wird, rund 400 Euro. Heuer sind für die gleiche Menge 1.200 Euro fällig. Aus Kostengründen fahren die Fischerboote nur noch äußerst selten aufs offene Meer. Sie überfischen stattdessen küstennahe Regionen. Der Preis für Fische steigt wegen des sinkenden Angebots.

Angebot und Nachfrage sind auch dafür verantwortlich, dass die Bewohner rund um das nordgriechische, gebirgige Florina frieren müssen. In der Region gibt es seit Anfang September Nachttemperaturen rund um drei bis vier Grad Celsius. In abgelegenen Dörfern gibt es Frosttemperaturen. Das Brennholz in Florina kostet rund 140 Euro pro Tonne. In Großstädten, wie Thessaloniki sind 170 Euro und mehr zu erzielen, was die Händler ausnutzen. Die höhere Gewinnspanne macht den Transport in die Städte profitabel.

Ergo fehlt in Florina Brennholz. Aus diesem Grund hat die Lokalpolitik bei der Regierung eine Ausnahmegenehmigung beantragt, um auch außerhalb der eigentlich gesetzlich wegen des Naturschutzes vorgeschriebenen Saison für das Holzschlagen Bäume im Wald zu fällen.

Der Markt ist aus dem Ruder

Vielerorts wurde Brennholz bereits im Sommer gebunkert, sodass der Markt ausverkauft war und die Preise um 30 Prozent anzogen. Wie dick die durch Heizung mit Holz belastete Luft in Großstädten wie Athen und Thessaloniki im Winter werden wird, lässt sich erahnen. Schließlich stapeln sich bereits vor Mehrfamilienhäusern Holzlieferungen, welche an den kalten Tagen des Herbstes und im Winter anstelle von Heizöl, Gas oder elektrischem Strom für Wärme sorgen sollen. Zu Beginn der Staatsfinanzkrise in den 2010nern verbrannten verarmte Griechen alles, was Feuer fangen konnte, darunter auch lackierte Möbelstücke und Plastikabfall.

Am 30. September erließ die griechische Regierung eine Bestimmung, welche es den Holz- und Pellethändlern, sowie den Herstellern von Pellets verbietet, einen höheren Gewinn zu erzielen als im Winter 2021. Gerade die Hersteller von Pellets sehen sich im Nachteil. Denn sie mussten nach eigenen Angaben die Preise für ihre Produkte wegen der gestiegenen Energiekosten und der Inflation erhöhen. Sie sehen sich gegenüber Importeuren benachteiligt.

Für Premierminister Kyriakos Mitsotakis ist der Energie-Markt aus dem Ruder gelaufen. Er meint, dass Marktregeln im gesamten Energiemarkt nicht mehr gelten würden und Eingriffe vonnöten sind.

Gaspreisdeckel für alle Anbieter?

Mitsotakis gehört zu den fünfzehn Regierungschefs der EU, die einen Gaspreisdeckel für alle Arten von Gas und alle Lieferanten verlangen. Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen möchte dagegen nur den Preis für russisches Gas deckeln. Die Energieminister der Staaten haben einen gemeinsamen Brief an die EU-Kommissarin für Energie, Kadri Simson, geschickt. Belgien, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen, Kroatien, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, die Slowakei, Slowenien und Spanien sind für den allgemeinen Gaspreisdeckel. Widerstand kommt vor allem aus Berlin. Die Ampel-Koalition fürchtet, dass ein Preisdeckel die Versorgungssicherheit in Gefahr bringen könnte.

Ganz andere Sorgen um die Versorgungssicherheit hat Griechenland. Das Land bezieht Gas über den Turk Stream, die Pipeline durchs Schwarze Meer, über die Südeuropa seit 2020 mit russischem Gas versorgt wird. Mitsotakis nutzte die Pipeline, um den Kohleausstieg vorzuziehen. Er setzte damals auf die Versorgung mit russischem Gas als vermeintlich krisensicherem Alternativbrennstoff.

Die Betreiberfirma der Pipeline, die South Stream Transport B.V, eine Gazprom Tochtergesellschaft, ist - beziehungsweise war - in den Niederlanden registriert. Dort wurde ihr am 18. September von den niederländischen Behörden die Lizenz für Gasexporte entzogen. Als Grund werden die geltenden Sanktionen gegen Russland genannt.

Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert,

die Einführung neuer Sanktionen schränkt die Fortsetzung des Gastransports durch South Stream Transport B.V. nicht ein. In dieser Hinsicht wird die Gasversorgung verschiedener Industrien und Millionen von Haushalten in der Türkei und in europäischen Ländern kurz- und langfristig nicht beeinträchtigt.“

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