Die mehrheitlich im öffentlichen Besitz befindliche DEI – Dimosia Epixeirisi Ilektismou – befindet sich in Griechenland mal wieder im Fokus des öffentlichen Interesses. Das Unternehmen, dessen Name als PPC – Public Power Company – übersetzt wird, hält den Großteil des Elektrizitätsmarkts in Griechenland. Daneben gibt es private Anbieter von Elektrizität, jedoch auch die jüngste Erfahrung eines Skandals. Die Besitzer der Firma Energa-Hellas Power hatten nämlich die von den Kunden einkassierten Gelder schlicht in Auslandskonten gebunkert, statt damit ihren Lieferanten, die PPC, zu entlohnen, sowie die mit der Stromrechnung einkassierten Steuern und Abgaben weiterzuleiten.

Bei den aktuellen Verhandlungen über das Ende der zweiten Inspektion des dritten Rettungsprogramms gehört die Privatisierung eines großen Teils der PPC zu einem der umstrittensten Tagesordnungspunkte. Vor der Krise gehörte das griechische Stromnetz noch zu dem Unternehmen. Dieses wurde mit Reformgesetzen von der PPC abgekoppelt, so dass diese faktisch nur noch die Elektrizitätswerke und die damit zusammen hängenden Unternehmen besitzt.

In der aktuellen Privatisierungsrunde sollen 17 Prozent der PPC an Investoren verkauft werden. Die Regierung ist dabei in mehrere Lager gespalten. Einem Teil der Minister, allen voran Innenminister Panos Skourletis, missfällt jeglicher Verkauf der Ressourcen für die Stromerzeugung. Ein anderer Teil befürwortet zumindest die Veräußerung der veralteten Braunkohlekraftwerke. Die Kreditgeber möchten jedoch auch moderne Wasserkraftwerke im Angebotspaket sehen.

Wirtschaftlich gesehen gehört die PPC zu den potentiell gewinnbringenden Staatsunternehmen. Potentiell, weil mittlerweile vierzig Prozent der Kunden ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Der Elektrizitätsverbrauch allein stellt einen der geringsten Posten auf den alle zwei Monate an die Verbraucher geschickten Zahlungsaufforderungen dar.

Zahlungsposten griechischer Stromrechnungen

Das nach Staffelpreisen berechnete Entgelt für den Stromverbrauch stellt den ersten, aber hinsichtlich der Höhe nicht immer größten Posten einer griechischen Stromrechnung dar. Zu den reinen Stromkosten hinzu kommen die „Geregelten Abgaben“, welche sich in vielfältiger Weise zusammensetzen.

Das von der PPC abgekoppelte Stromnetz erhält eine Bezahlung, welche mit einer Formel berechnet wird. Grundlegend für diese sind ein Pauschalpreis, die zwischen der PPC und dem Kunden vereinbarte Maximalverbrauchshöhe, der tatsächliche Verbrauch und eine flexible Stromtransportabgabe, deren Höhe variiert. Nach einer ähnlichen Formel wird eine weitere Entlohnung des Stromnetzes, diesmal für die Instanthaltung und Erweiterung desselben berechnet. Dazu kommen, hinsichtlich der PPC noch „übrige Abgaben“, deren Höhe von den jeweiligen sich ändernden Gesetzen, Ministerialentscheiden und, wie es seitens der PPC heißt den Regeln „der funktionierenden Marktwirtschaft“ abhängt.

Schließlich berechnet die PPC auf ihren Rechnungen auch noch „Dienste des Nutzens der Allgemeinheit“. Was sich auf den ersten Blick wie eine Sozialabgabe für Bedürftige liest, hat einen vollkommen anderen Hintergrund. Auf vielen Inseln und in entfernten Gegenden gibt es keinen Anschluss an das Festlandsnetz der Stromerzeuger. Hier wird die elektrische Energie auf eine der teuersten möglichen Arten, mit Dieselgeneratoren, erzeugt. Zu den Inseln zählen luxuriöse Urlaubsparadiese, wie das für Normalsterbliche unter den Griechen unerreichbare Mykonos. Faktisch wird das für Unternehmer gewinnträchtige Inselressort so von der Allgemeinheit mitfinanziert.

Ein weiterer Teil der Einnahmen für die Allgemeinheit geht an kirchliche, staatliche und weitere nicht gewinnorientierte Organisationen und dient der Verminderung von deren Stromverbrauchsrechnung. Schließlich werden über diesen Posten auch noch Grundbetragsermäßigungen für sozial Schwache finanziert. Die Berechnung der „Sozialabgabe“ erfolgt anhand des Verbrauchs an einer Verbrauchsstelle – unabhängig davon, wie viele Personen betroffen sind, oder welchen sozialen Status diese haben.

Hinsichtlich dieser Abgabe wurde die Berechnung seitens der PPC seit Anfang des Jahres angepasst. Die unabhängige Regulierungsbehörde hatte für den Zeitraum 2012 bis 2015 einen Fehlbetrag von 700 Millionen Euro ermittelt, den es nun einzutreiben gilt.

Die Berechnung erfolgt Staffelweise, jedoch nicht gestaffelt. Anders als bei den reinen Preisen für die kWh wie es für Staffelrechnungen in anderen Ländern üblich ist, wird hier nicht nach dem Motto, für die ersten 500 kWh x Euro, für die nächsten x+y Euro verfahren, sondern der maximale Verbrauch als Grundlage für die Berechnung genommen.

Kleinverbraucher werden bestraft

Dies wiederum führt zu oft unsozialen Verzerrungen bei der Berechnung der nicht unerheblichen Abgabe. Das zugrunde liegende Gesetz wurde bereits 2012, also nicht von der aktuellen Regierung, verabschiedet. Es nimmt den Verbrauch von vier Monaten als Grundlage für die Ermittlung der Abgabenhöhe. Für einen Verbrauch bis zu 1.600 kWh sind aktuell 0,00699 Euro pro kWh fällig, für einen Verbrauch von 1.601-2.000 kWh sind es bereits 0,01570 Euro, bei 2001 bis 3.000 kWh steigt der Preis auf 0,03987 Euro und für Verbrauchszahlen jenseits der 3000 kWh werden 0,04488 Euro berechnet.

Wie sich das in der Rechnung niederschlägt, sei an einem Beispiel illustriert. Ein Verbraucher mit knapp unter 3000 kWh innerhalb von vier Monaten zahlt 119,61 Euro an Sozialabgaben, aus denen nach dem obligatorischen Aufschlag der Mehrwertsteuer von 13 Prozent für die elektrische Energie 135,60 Euro werden. Wäre die Abgabe staffelweise berechnet worden, dann wären nur 64,79 Euro, also 70,37 Euro weniger fällig. Es ist auffällig, dass der Unterschied bei einem höheren Verbrauch, also zum Beispiel 4.000 kWh prozentual weniger ins Gewicht fällt. Hier zahlt der Kunde 202,86 Euro statt 115,50 Euro.

Das gleiche Verfahren gilt auch für die Verbrauchsberechnung, hat hier jedoch geringere Sprünge zwischen den einzelnen Staffeln. Für einen Verbrauch bis zu 2.000 kWh sind 0,09460 Euro pro kWh fällig, wer mehr verbraucht zahlt 0,10252 Euro.

Theoretisch sollte die Abschaffung der staffelweise zu erfolgenden Berechnung den Verbrauch mindern – so jedenfalls wurde das Gesetz begründet. Praktisch korreliert das Gesetz mit dem ebenfalls als Reform „verkauften“ Gesetz zur gleichen Besteuerung von Heizöl und Dieselkraftstoff. Den Verbrauchern wurde nahegelegt, auf die Verbrennung fossiler Energiequellen außer Erdgas zu verzichten und stattdessen die Wohnräume elektrisch zu heizen. Der Anschluss ans Gasnetz fehlt jedoch besonders in den abgelegenen ländlichen Gebieten. Somit blieb vielen ärmeren Familien nur der Strom als Heizungsmöglichkeit. Diese werden nun mit der Sozialabgabe doppelt bestraft.

Schließlich kommen für die Stromerzeuger noch die Verbrauchssteuern, „Sondersteuer für den Verbrauch“, „Besondere Abgabe 0,005 %“ und die „Abgasverminderungsabgabe“ hinzu.

Auf alle bislang erwähnten Posten, also auch auf die Steuern, wird die Mehrwertsteuer aufgeschlagen.

Komplettiert wird eine griechische Stromrechnung mit der Rundfunkabgabe, die alle Verbrauchsstellen bis auf staatliche, kirchliche und allein der Agrarwirtschaft dienende hinzu. Zu guter Letzt werden die kommunalen Steuern ebenfalls mit der Stromrechnung eingetrieben.

Die Kapitalknappheit

Die PPC leitet die von ihr im Namen Dritter in Rechnung gestellten Abgaben weiter – auch ohne, dass diese real eingenommen wurden. Daraus resultiert in Kombination mit den immer mehr werdenden offenen Rechnungen ein Liquiditätsengpass, der nur über Kredite überbrückt werden kann. Der im Raum stehende Verkauf von 17 Prozent des Unternehmens ist somit eine logische Konsequenz. Mit dem Kauf von Braunkohlekraftwerken würde ein Investor jedoch ein weiteres Erbe des chronischen bürokratischen Paradoxons Griechenlands antreten. Die Kraftwerke sind mit dem Tagebau zur Braunkohlegewinnung verbunden. Wo auch immer in Griechenland gebuddelt wird, treten antike Fundstücke zu Tage. Das wiederum verpflichtet die Abbauunternehmen, Bauunternehmer aber auch Gartenbauer dazu, die Expertise von Archäologen einzuholen. Erst jetzt wurde bekannt, dass die amtierende Kulturministerin Lydia Koniordou der PPC die Bezahlung von bis zu 2.500 Archäologen für die Begutachtung der Tagebauflächen auferlegt hat.

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