Der Regierungschef verteilte darüber hinaus eine Reihe von Prämien und Förderprogrammen. Damit will er die Krise meistern. Insgesamt 5,5 Milliarden Euro stecken im neuen Fördertopf, den Mitsotakis am Wochenende vorstellte. Auch bestehende Förderung werden damit ergänzt.

Der „grüne“ Konservative

Mitsotakis, der seit Amtsantritt den Kohleausstieg forcierte und dafür sorgte, dass es fast keinen Berg mehr ohne Windkraftanlagen gibt, sieht sich gezwungen, nun auf Klimakiller zu setzen. Stillgelegt Braunkohlekraftwerke werden reaktiviert, mit Gas betriebene Kraftwerke sollen, wo möglich auf Erdölbetrieb umgeschaltet werden.

Mitsotakis hatte frühzeitig die Windkraft und den Kampf gegen den Klimawandel als unternehmerische Chance begriffen. Seine Regierung sorgte mit Gesetzen dafür, dass Windparks auch in Naturschutzgebieten errichtet werden können. Zudem ist es nun auch erlaubt, in von Waldbränden abgebrannten Flächen Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien zu errichten. Vorher sah die Gesetzgebung strikt vor, dass abgebrannte Wälder wieder aufgeforstet werden müssen und ihren rechtlichen Status als Wald nie verlieren.

Die großen Unternehmer des Landes investierten seit Mitsotakis Amtsbeginn viel in große Windkraftanlagen und erhielten dafür üppige Fördergelder, auch aus dem Regionalentwicklungsfonds der EU. Bis zu 40 Prozent Förderung gab es bis zum Sommer 2022.

Wegen des Krieges und der dadurch bedingten Energiekrise gibt es aktuell noch einmal zehn Prozent mehr Förderung. Mitsotakis rief in seiner Rede nun auch Privathaushalte und mittelständische Firmen auf, mit Solardächern zur Linderung der Energiekrise beizutragen.

Weg vom Gas – zumindest vorerst

Bis 2023 wollte Mitsotakis sämtliche Braunkohlekraftwerke stilllegen lassen. Der Gaspreis bestimmt nun die Politik.

Seit durch die Auflagen der Kreditgeber zur Vermeidung von Schwarzhandel der Heizölpreis auf das Niveau von Diesel angepasst wurde, gibt es in Griechenland eine Heizprämie für finanziell schwache Bürger. Diese soll die höhere Steuer für den Heizstoff abfedern. Die Höhe der Prämie hängt vom Einkommen und vom Wohnort ab. Rund 1,3 Millionen Haushalte beziehen die Prämie.

Wo mehr geheizt werden muss, ist der Zuschuss höher. Maximal sollen dieses Jahr 350 Euro pro Antragsteller ausgezahlt werden. Der Zuschuss verdoppelt sich für diejenigen, die von Gas oder elektrisch betriebener Heizung auf Heizöl umsteigen.

Für alle Verbraucher, die mit Heizöl heizen setzt die Regierung die Besteuerung des Kraftstoffs um 25 Eurocent pro Liter herunter. Denen, die im Winter mit Gas heizen müssen, hat die Regierung einen Zuschuss in noch unbekannter Höhe versprochen.

Stromsparen mit Bonus und Malus System

Gas sparen bedeutet für Griechenland auch, den Stromverbrauch zu senken. Hier gilt die Methode „mit Zuckerbrot und Peitsche“. Staatliche Einrichtungen müssen zehn Prozent Energie einsparen, sonst werden Etatzuschüsse gekürzt. Die bisher aus dem Etat direkt an die Elektrizitätsunternehmen gezahlten Zuschüsse hielten den für Verbraucher auf ihrer Rechnung gesehenen Preis künstlich niedrig.

Die Kosten für elektrischen Strom sollen nun nicht mehr gemäß dem Gießkanneprinzip mit Steuergeldern gesponsort werden. Künftig gilt für die Verbraucher eine Staffelung. Der Grundbedarf soll weiter bezuschusst werden, wer jedoch zu viel verbraucht kann leicht in die Lage kommen, mehr als einen Euro pro kWh zu zahlen. Besonders für diejenigen, die mit Strom heizen, kann das existenzbedrohend werden.

Dafür weitet die Regierung ihr Stromsparzuschuss-Programm auf weitere Bevölkerungsgruppen aus. Abhängig vom Familieneinkommen erhalten finanziell schwache Bürger einen Zuschuss für den Austausch alter Elektrogeräte. Was in der Theorie gut klingt, zeigt sich in der Praxis als Rezept zur Bereicherung der Händler. Im Wirrwarr der verschiedenen angebotenen Kühlschrank- und Klimaanlagenmodelle sind die Preise der Produkte im Vergleich zu den Monaten vor dem Förderprogramm spürbar angestiegen.

Rund 2,3 Millionen Bürger, die unterhalb des Existenzminimums leben, werden zusätzlich eine Einmalzahlung von 250 Euro erhalten. 60 Millionen Euro werden an Bauern vergeben, um die gestiegenen Düngerpreise abzufedern. Rund 50.000 Viehzüchter werden mit 89 Millionen Euro gefördert. Bei ihnen sorgten die exorbitant ansteigenden Futter- und Energiekosten dafür, dass viele Teile ihrer Herde notschlachten mussten, um finanziell zu überleben.

Es gibt darüber hinaus Anreize für Unternehmen Zeitverträge von Angestellten in Festanstellungen zu wandeln. Der Tourismusbranche möchte Mitsotakis mit einem Förderprogramm für 200.000 Bürger in der schwachen Wintersaison helfen. Damit will er zwei Fliegen mit einer Klatsche schlagen. Denn viele Griechen können sich auch einen Kurztrip im eigenen Land nicht mehr leisten.

E-Mobilität wird weiter gefördert

Die griechische Regierung sponsert weiterhin die E-Mobilität. Bis zu 9.500 Euro Förderung sind beim Kauf eines elektrischen Kraftfahrzeugs möglich. Die entsprechenden Förderprogramme wurden im Juli neu aufgelegt.

Bei elektrischen Lastfahrrädern beträgt die Obergrenze 3.000 Euro. Bei Fahrrädern sind es 800 Euro. Zumindest bei den Fahrrädern kommt die Förderung auch der eigenen heimischen Industrie zugute, denn Griechenland verfügt über eine eigene Fahrradindustrie.

Für bestimmte Bevölkerungsgruppen gibt es noch weitere Prämien. So erhalten Autobesitzer die jünger als 29 sind, zusätzlich 1.000 Euro. Es gibt für kinderreiche Familien bis zu 4.000 Euro extra. Körperbehinderte erhalten außerdem noch 1.000 Euro mehr für ein Auto und 500 Euro mehr für ein Fahrrad.

Staatliche Grundstücke als Geschenk für Sozialwohnungen

Griechenland hat ein Wohnungsproblem. Der Tourismus und die Kurzmiete über Internetportale haben vor allem in den Großstädten und den touristisch attraktiven Orten das Mietniveau auf bedenkliche Höhen gebracht. Dazu kam das sogenannte „Goldene Visa Programm“ mit dem sich Nicht-EU-Bürger einen Aufenthaltstitel kaufen konnten. Mit einer Immobilieninvestition in Höhe von 250.000 Euro war das bisher möglich. Dadurch wurde die Gentrifizierung in zahlreichen Vierteln von Innenstädten befeuert. Nun muss die Investition mindestens 500.000 Euro betragen, damit die von ärmeren Bürgern bewohnten Gegenden entlastet werden.

Es fehlt massiv Wohnraum. So können es sich zum Beispiel junge Paare nicht leisten, zu heiraten, weil sie aus finanziellen Gründen noch bei den Eltern wohnen. Sie können infolgedessen schwerlich eine Familie gründen. Auf der anderen Seite liegen zahlreiche staatliche Immobilien und Grundstücke brach. Die Bauindustrie leidet unter den hohen Erzeugerpreisen.

Erneut möchte Mitsotakis mit einem Zug vielfache Bevölkerungsschichten für sich gewinnen. Den Bauunternehmern gewährt er weiterhin eine Aussetzung der Umsatzsteuerpflicht für verkaufte Wohnungen. Darüber hinaus bietet er die staatlichen Immobilien an, damit die Bauunternehmer darauf eine bestimmte Anzahl, insgesamt 100.000 Sozialwohnungen bauen. Sie erhalten das Grundstück, oder das brachliegende Gebäude kostenlos und dürfen einen Teil der gebauten Wohnungen selbst nutzen.

Rentner sind enttäuscht

Bereits jetzt gibt es trotz der versprochenen Staatsgelder zahlreiche Enttäuschte. Die Bezieher niedriger Renten, die Anfang 2023 nach Jahren der Nullrunden eine Rentenerhöhung erhalten sollen, ärgern sich, dass die versprochene Erhöhung in der Größenordnung von sechs Prozent alles andere als ausreichend ist. Schließlich gab es im August bereits den vierten Monat in Folge mit zweistelliger Inflationsrate.

Enttäuscht sind auch zahlreiche Einzelunternehmer und mittelständische Betriebe. Ihnen war im Vorfeld versprochen worden, dass die jährliche Lizenzabgabe für ihre Unternehmen gestrichen werden soll. Mitsotakis präzisierte am Samstag, dass dies nur für diejenigen gibt, die eine neue Vollzeitstelle in ihrem Unternehmen schaffen.

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