Stellen wir uns dann bitte weiter vor, ein kubanischer Zerstörer würde vor Guantanamo auftauchen und dies damit begründen, dass die Regierung in Havanna die Verpachtung dieses Stück Landes auf ihrer Insel nicht akzeptiert,

was sie übrigens auch nicht tut

, daher sich nicht an den Vertrag von 1903 gebunden fühlt und Guantanamo als Bestandteil Kubas ansieht.

Westliche Vorherrschaft als "die auf Regeln basierende internationale Ordnung" verkauft

Es gehört nicht viel Phantasie dazu, dass ein solcher Vorgang zu einem Aufschrei der Empörung in den westlichen Kommandozentralen führen würde, wahrscheinlich eher zu einer internationalen Krise. Aber für die internationale Ordnung, die NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg als sogenannte “

auf Regeln basierende internationale Ordnung

“ zu verkaufen versuchte, womit nichts anderes als die westliche Vorherrschaft gemeint war, gelten andere Maßstäbe.

 

Denn die Vision von einem riesigen Manöver im Golf von Mexiko, welche der Verfasser dieses Beitrages zu Beginn skizziert hat, spielt sich aktuell spiegelverkehrt im Schwarzen Meer ab, dessen geopolitische Bedeutung für Russland allerdings größer ist, als der Golf von Mexiko für die USA.

Napoleon, Nazis, NATO

Für Russland ist das Schwarze Meer, vor allem seine schmale Wasserstraße bei den Dardanellen, im Umfeld der Megalopolis von Istanbul, der einzige Zugang zum Mittelmeer und damit zu den Weltmeeren, zumindest im Süden, denn im Norden an der Ostsee und dem Eismeer, sowie im Fernen Osten, besitzt Russland als größter Flächenstaat der Welt natürlich einen Zugang zu den Ozeanen.

 

Die strategische Bedeutung der Krim, des Schwarzen Meeres, welches inzwischen drei Anrainerstaaten besitzt, die NATO-Mitglieder sind, nämlich Rumänien, Bulgarien und die Türkei, sowie mit der Ukraine und Georgien zwei Staaten, die sich geopolitisch dem westlichen Lager verordnen oder verordnet wurden, liegt für jeden russischen Politiker auf der Hand.

 

Ein verminderter Zugang zu diesem Meer würde die Zielsetzungen manches westlichen Strategen, von Napoleon, über die Nazis zur NATO, wahr werden lassen, wonach Russland ohne diesen Zugang kein europäisches Land mehr wäre. Man sollte in diesem Zusammenhang die NATO noch einmal daran erinnern, dass Napoleon und den Nazis dabei das Rückgrat gebrochen wurde.

Russlands Blick auf das Schwarze Meer

Moskau muss dieses Manöver, in seiner Größe, seinem Umfang, ja seinem internationalen Ausmaß, an dieser höchst sensiblen geographischen Nahtstelle, natürlich als Provokation, ja, wenn nicht sogar als Bedrohung empfinden.   

 

Ferner entsteht bei vielen gebildeten Menschen - nicht nur in Russland - eine historische Assoziation, die nicht nur an den Vormarsch der Nazi-Truppen in Richtung Schwarzes Meer und Südkaukasus erinnert, sondern vor allem an den Krim-Krieg von 1853-1856, in dem Frankreich und England, gemeinsam mit dem Osmanischen Reich, genau in dieser Region, die geographische Expansion Russlands in Richtung Süden zu verhindern suchten, was zu einem beispiellosen Gemetzel führte, in dessen Folge das Internationale Rote Kreuz gegründet wurde. 

 

Was nun das Manöver angeht, was seit Montag im Schwarzen Meer stattfindet, schreibtJörg Kronauer:

 

Mit »Sea Breeze 2021« setzen die westlichen Mächte die Verstärkung ihrer Truppenpräsenz im und am Schwarzen Meer fort. Im März teilte die NATO in ihrem Jahresbericht mit, sie habe ihre Manöver in der Region intensiviert. Bereits zuvor hatte es geheißen, Kriegsschiffe der USA und weiterer Mitgliedstaaten abgesehen von den Anrainern operierten inzwischen während rund zwei Dritteln des Jahres im Schwarzen Meer. Vergangene Woche hat ein britischer Zerstörer mit einer gezielten Provokation, dem Eindringen in die Hoheitsgewässer vor der Krim, russische Reaktionen auf etwaige NATO-Vorstöße ausgetestet. Das soeben beendete Großmanöver »Defender Europe 21« hat die Verlegung von US-Großverbänden nach Südosteuropa und in die Schwarzmeerregion geübt, während die Bundeswehr sich am Aufbau eines neuen regionalen NATO-Hauptquartiers in Rumänien (Multinational Corps South-East) beteiligt und seit vergangener Woche Eurofighter für die rumänische Luftraumüberwachung in Constanta an der Schwarzmeerküste stellt.

 

Überhaupt stellt sich die Frage, was man im Westen mit dieser Demonstration der Stärke bezweckt? Ist man sich seiner Stärke vielleicht nicht mehr gewiss?

Ultraimperialismus

Vor über 100 Jahren entwarf Karl Kautsky, der Chef-Theoretiker der SPD zur Zeit des deutschen Kaiserreichs, seine Ultraimperialismus-Theorie. 1915, also Mitten im Ersten Weltkrieg, schrieb Kautsky vorausahnend:

 

ob es nicht möglich sei, dass die jetzige imperialistische Politik durch eine neue, ultraimperialistische verdrängt werde, die an Stelle des Kampfes der nationalen Finanzkapitale untereinander die gemeinsame Ausbeutung der Welt durch das international verbündete Finanzkapital setzte. Eine solche neue Phase des Kapitalismus ist jedenfalls denkbar. Ob auch realisierbar, das zu entscheiden fehlen noch die genügenden Voraussetzungen!

 

Kautskys analytische Schwäche lag in der Zeit begründet in der er lebte, so dass er den Aufstieg nicht-westlicher Großmächte kaum erfassen konnte. Diese Theorie bietet zumindest Stoff zur Analyse der Lage der Welt.

"Was bedeutet das konkret für mich!?" 

1928 formulierte der britische Politiker und Pazifist Lord Arthur Ponsonby in seinem Buch "Falsehood in War-Time" zehn Regeln der Kriegspropaganda, die heute noch -oder schon wieder - von beklemmender Aktualität erscheinen:

 

1. Wir wollen den Krieg nicht

2. Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung

3. Der Führer des Gegners ist ein Teufel

4. Wir kämpfen für eine gute Sache

5. Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen

6. Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich

7. Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm

8. Künstler und Intellektuelle unterstützen unsere Sache

9. Unsere Mission ist heilig

10. Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter

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