Was ist eigentlich Risiko?
Für das Wort „Risiko“ gibt es dutzende Definitionen. Erschwerend kommt hinzu, dass es nicht nur objektive Risiken gibt, sondern auch eine Vielzahl von subjektiv empfundenen. In diesem Beitrag verwende ich diese Gleichung:
Risiko = Eintrittswahrscheinlichkeit * Ausmaß des Schadens
Da wir das Ausmaß nur erahnen können, fokussiere ich mich auf die Eintrittswahrscheinlichkeit.
Eintrittswahrscheinlichkeit
Die Europäische Zentralbank (EZB) berechnet einen fundierten Indikator, der den Stress im Euro-Finanzsystem misst. Für die Vergangenheit hat dieser sehr ordentlich funktioniert. Aktuell zeigt dieser Indikator ein relativ entspanntes Niveau.
Wir schauen noch auf weitere Indikatoren, aber der zusammengefasste Index ist an dieser Stelle ausreichend.
Natürlich ist diese Situation den massiven planwirtschaftlichen Eingriffen der Notenbanken in die Finanzmärkte geschuldet. Selbstverständlich sind damit sehr viele negative Nebenwirkungen verbunden. Diese sind bekannt und müssen nicht mehr aufgeführt werden.
Hat die EZB noch Feuerkraft?
Häufig liest man, dass die EZB aufgrund der Nullzinsen und der stark gestiegenen Bilanzsumme in der nächsten Krise keinen Spielraum für Stützungsmaßnahmen (z.B. die Senkung des Leitzinses oder den Ankauf von Wertpapieren) mehr besitzt.
Setzt man die Aktiva der EZB-Bilanz in Relation zur Wirtschaftsleistung der Eurozone, dann stellt man fest, dass der Wert in der Eurozone höher ist als in den USA - und deutlich niedriger als in Japan.
Gibt es in Japan einen massiven Vertrauensverlust in die Währung? Stehen die Menschen vor den Banken Schlange, um ihr Geld abzuheben? Ziehen vagabundierende Banden durch die Straßen der Städte?
Das Finanzsystem wird daher wohl nicht an dem mangelnden Vertrauen auf die Feuerkraft der Notenbank scheitern (einzelne Banken schon!). Selbstverständlich gilt es, die Lage zu beobachten und vorausschauendes Risikomanagement zu betreiben.
Das Ausmaß eines möglichen individuellen Schadens kann durch jeden von uns selbst bestimmt werden. So könnte das aussehen:
- Sorgfältige Auswahl der Bank(en)
- Einlagensicherung und deren Grenzen verstehen
- Trennung der Rücklage von der Kapitalanlage
- Innerhalb der Kapitalanlage zwischen defensivem und offensivem Topf unterscheiden
- Innerhalb des defensiven Topfes steht eine Vielzahl an defensiven Instrumenten mit moderaten Schwankungen bereit. Diese reichen von kurzlaufenden US-Staatsanleihen über Pfandbriefe bis hin zu Wertsicherungsfonds.
- Nutzung unterschiedlicher rechtlicher Strukturen (ab einem gewissen Vermögen)
Physische Edelmetalle zähle ich hier bewusst nicht auf, da diese ohnehin ein fester Bestandteil der strategischen Vermögensstruktur sind.
Für die meisten Privatinvestoren gilt (noch), dass eine diversifizierte Rücklage mit größeren Kosten und geringeren Renditen verbunden ist, als das unverzinste Konto. Auch risikobereinigt (Rendite in Relation zur Schwankungsbreite) sieht das Konto besser aus.
Daher sind die genannten Punkte auch in der gezeigten Reihenfolge zu priorisieren. Das klingt zwar langweilig, aber reißerische Schlagzeilen finden Sie im Internet ja ohnehin genug.
Kommentare
Danke für diese Tipps.
Zu Punkt 3): meinst Du Trennung von Rücklage und Kapitalanlage auf 2 Konten (bei der gleichen Bank) oder Trennung zwischen Banken (Rücklage bei Bank A, Kapitalanlage bei Bank B)?
Es wäre nett, wenn man die Punkte 2 bis 5 etwas ausführlicher erklären könnte. Ich bin leider noch kein Profi.
Vielen Dank
Rücklage aufs Konto, Kapitalanlage in Form von Wertpapieren ins Depot. Dort sind sie dann Sondervermögen.
Hallo J.Jensch,
nicht optimistisch, realistisch mit sorgfältiger Planung für verschiedene Szenarien.
Aber in der Tat gehe ich davon aus, dass der „durchschnittliche“ Anleger wichtigere Fragestellungen in seiner Finanzplanung hat, als die Sicherheit seiner Bankkonten.
Nach Abarbeitung der Schritten 1-6 (plus Gold) kann man das Thema deutlich entspannter sehen. Nebenbei erledigt man damit einen Teil der Herleitung der eigenen Anlagestrategie.
Herr Krall erklärt hier sehr anschaulich wie es um diesen Sektor (Bankensektor) bestellt ist und zu welchem Zeitpunkt es zu "Stress" im System kommen könnte, sowie warum die Messinstrumente für Risiken , diese nicht erkennen ...
https://youtu.be/AWCyL3gcOzw
Erst wenn das ins Wanken gerät, bricht das ganze Kartenhaus zusammen.
2009 hat die Bankenwelt und die Regierungen gelernt welche Rechtsbrüche nötig sind, um das System zu erhalten. Sie haben es einmal getan, sie werden es immer tun...und sie praktizieren es seit 2009.
Wirtschaftlich und Finanztechnisch leben wir doch längst in einer Zombiewelt.
Welche wirklichen Sach-Werte stehen denn den immer weiter expandierenden Schulden ernsthaft gegenüber ?
Facebook und Google sind doch keine echten Werte ! Fällt der Strom aus ist Facebook und Google mausetot.
Ein gewisser Bargeldbestand, selbstgenutzte und bezahlte Immobilie, landwirtschaftliche Flächen oder ebenfalls bezahlte Immobilien zur Vermietung, physisches Gold und Aktien namhafter Unternehmen....das sollte für einen Crash ausreichen. Kommt es doch dicker, spielt auch das kaum eine Rolle.
ich habe das Video früher schon mal gesehen und eben durchgeflippt. Den Zustand des Banksektors in der Eurozone zeigt sich in den Entwicklungen der Bankaktien. Ich konnte das Video eben nur durchfliegen, aber es ist ja zwischen dem Wert der Banken (siehe Aktienkurs) und deren Insolvenz zu unterscheiden. Für den Fremdkapitalgeber (=jemand mit Bankkonto) ist ja letzteres entscheidend.
Der Markt (Spreads, Aktienpreise usw.) ist ein guter Indikator. Aber grundsätzlich gilt ja die Frage: Warum mehr Geld auf dem Konto als ich für meine Rücklage benötige? Es bringt keine Zinsen, verliert an Kaufkraft usw.
Letztendlich kann man sich aller Sorgen um den Bankensektor entledigen indem man deutsche Staatsanleihen oder Pfandbriefe kauft. Die Rendite ist dann allerdings negativ (Konto ist bei Null). Alles hat eben seinen Preis. Bei großen Anlegern (Firmen) kaufen wir durchaus negativ verzinste Anleihen, um nicht komplett bei der Bank zu sein und auf das Einlagensicherungssystem vertrauen zu müssen.
Die Vermögensdimension eines klassischen Privatanlegers ist aber meistens eine andere.
ich stimme ihnen in der Analyse zu.
Ich denke, die Einlagensicherung wird bei weitem nicht genügen, wenn es zum Schadensfall, der Masse kommt...und einem Großteil der Menschen ist das nicht klar..
Wir alle schließen Versicherungen ab, in der Hoffnug sie nie zu brauchen...
Bankguthaben über den persönlichen 3-Monats-Kosten zu halten, ist im heutigen Umfeld nicht sinvoll...
Jeder für sich, muss unter Berücksichtigung seiner eigenen Finanzsituation überlegen, wie er
sein Geld und zu welchem Teil gewinnbringend anlegt bzw recycikelt.
Beste Grüße
Striker
Ich hätte da mal eine Frage an die Runde:
Es wird ja oft gesagt man sollte nicht allzuviel Geld auf dem Girokonto lassen wg. verschiedenen Risiken die mir auch durchaus bewusst sind, aber :
Ich habe einen Landw. Betrieb und muss ständig irgendwelche größeren Beträge auf dem Girokonto bereithalten da etliche Zahlungsein und Ausgänge ja darüber abgewickelt werden müssen ( ist bei einem normalen Unternehmen ja nichts anderes). Wir ist das dann wenn ich mal die Befürchtung habe meiner Bank geht's nicht so gut und die gesetzliche Einlagensicherung trägt auch nur ein Bruchteil von dem was sie eigentl8tragen sollte. Dann hat ja jeder Unternehmer morgen (Wenn's mal ernst wird in der Bankenwelt) ein riesen Problem.
Ich habe gehofft, nie ernsthaft so etwas wie die Einlagensicherung im Auge halten zu müssen, nicht wegen der Höhe der Einlage, das ist natürlich schön, wenn man sich überhaupt in dieser Situation befindet, aber wegen der anscheinend tatsächlich vorhandenen Gefahren; was die Einlagensicherung wert ist, wenn es wirklich zum Reihenweisen Untergang vieler Banken kommt, bleibt abzuwarten.
Mich erstaunt, dass die Themen Fehlorganisation des europäischen Geldtransfers, Target-Salden, Zombifizierung der Wirtschaft, Erodierung des Bankengeschäftsmodells und Überschuldung von (nicht nur) europäischen Staaten in der breiten Bevölkerung ernsthaft gar nicht diskutiert oder auch nur wahrgenommen werden. Ich kenne durchaus intelligente Menschen, Akademiker, die erfolgreich ihren Berufen nachgehen, für die das überhaupt keine Themen sind und die hier gar kein Problembewusstsein haben. Manchmal fragt man sich, ob man nicht selbst derjenige ist, der Gespenster sieht und Trugbildern nachjagt.
Beste Grüße
RalfG
»Manchmal fragt man sich, ob man nicht selbst derjenige ist, der Gespenster sieht und Trugbildern nachjagt.«
Ich denke eher das ist die Folge der permanenten Gehirnwäsche, die uns die verpassen, die hinter der ganzen Veranstaltung stehen.
Wir sind schließlich die Bürge(r)n, wenn die Sache in die Hose geht :—(.
Ich glaube nicht wirklich, dass wir mit unserer Wahrnehmung falsch liegen, mich erstaunt halt nur, dass die Themen nicht mehr ins allgemeine Bewusstsein rücken, da die Informationen doch faktisch vorhanden sind. Die Herren Sinn und Krall werden ja durchaus gehört und gelesen, da kann niemand sagen, er hätte nichts gewusst oder nichts wissen können.
Das Ausmaß der vorhandenen Defekte und der drohenden Konsequenzen ist so ungeheuerlich und der Gegensatz zu dem alltäglichen und ungerührten "Weitermachen" des Großteils der Bevölkerung ist so groß, dass man sich schon fragt, wie das eigentlich zusammenpasst und sein kann.
Man nehme die kommende Europawahl. Welche Partei thematisiert denn diese Themen? Praktisch keine, jedenfalls keine, die sich nicht aus hundert anderen Gründen vollkommen unwählbar macht.
Wie sind eigentlich Konzerntöchter wie z. B. die Postbank zu bewerten? Eigentlich würde ich die für gut halten (kein Investmentgeschäft, gehört aber zur Deutschen Bank)
Welche Bank ist denn sicher?
Cash ist King, aber wo?
Und selbst, wenn ich meine Kohle nach diesen Vorgaben ausrichten könnte:
Meine Eltern/ Schwiegereltern werden damit nicht mehr anfangen...
Ich hatte übrigens genau diese Frage vor vier Wochen an die CK Redaktion gestellt, bislang aber leider noch keine Antwort erhalten.
Danke für Hinweise:)
Ich hbae gerade das Buch "Bad Bank" - Aufstieg und Fall der Deutschen Bank von Dirk Laabs gelesen. Das kann ich nur jedermann empfehlen.
Mein Fazit daraus: Alles was wir hier diskutieren, überlegen und bedenken ist völlig falsch! Alles ist 1000 mal so schlimm als wir denken! (s. obiges Buch) und ich habe den Eindruck Herr Laabs hat wirklich intensiv und korrekt recherchiert. Das ist kein Weltuntergangsprediger.
Hat das Buch schon jemand gelesen?