Natürlich ist Thomas Mayer den meisten Lesern in erster Linie als ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank bekannt. In dieser Zeit von Januar 2010 bis zum 31. Mai 2012 nahm er selten ein Blatt vor dem Mund. Er hatte bei der Deutschen Bank unter Josef Ackermann nicht nur die Möglichkeit, seine Meinung frei zu äußern, sondern durchlief eine bemerkenswerte Entwicklung. War er ein Leben lang Teil und eine führende Zentralfigur des bestehenden Geldsystems, hat er nach Jahrzehnten fast sämtliche alten Glaubenssätze über Bord geworfen.

Auslöser war hierbei die lange schwelende Finanzkrise, die spätestens im Jahr 2007  für jeden Menschen sicht- und spürbar wurde. Vor diesem Hintergrund hat Prof. Dr. Thomas Mayer allergrößten Respekt verdient und sollte auf keinen Fall mit den vielen anderen „bösen Bankstern“ in einen Topf geworfen werden. Im Gespräch beeindruckt Thomas Mayer besonders mit seiner ruhigen, freundlichen und souveränen Art mit der er über eine nötige Änderung des Geldsystems, aber auch über seine Denkfehler in der Vergangenheit spricht. Ohne natürlich auszuschließen, dass ihm heute keine unterlaufen könnten.

Thomas Mayer ist seit Juli 2012 Senior Fellow des Center for Financial Studies (CFS). Seine Forschungschwerpunkte liegen heute im Bereich der finanziellen Integration in Europa und den Entwicklungen auf den Finanzmärkten. Er organisierte außerdem die CFS-Vorlesungsreihe "Die Ordnung des Geldes" und veröffentlichte im Jahr 2014 sein Buch Die neue Ordnung des Geldes, in der er die Dringlichkeit eines neuen Geldsystems dargelegt hat. Thomas Mayer hat nun ein neues Buch  veröffentlicht. Es trägt den Titel Die neue Kunst Geld anzulegen und legt dar, wie man mit den Grundsätzen der Austrian-Finance-Theorie zu einem völlig neuen Verständnis in Sachen Geldanlage kommen kann.

Vorwort von Dr. Bert Flossbach

Das Vorwort zum Buch stammt von Dr. Bert Flossbach, dem Gründer und Vorstand der Flossbach von Storch AG in Köln für die Thomas Mayer auch heute tätig ist.

»Die Disziplin der Finanztheorie bedarf einer Neuausrichtung in akademischer Forschung und Lehre. Wertvolle Denkanstöße liefert Thomas Mayer mit seinem Entwurf einer ›österreichischen Finanztheorie‹. Aber auch die Praxis muss sich reformieren. Voraussetzung ist zunächst die Erkenntnis, dass sich die Kapitalmärkte nicht als Spielplatz für Mathematiker eignen. Die Grundlage erfolgreicher Geldanlage bleiben kritische Sozialwissenschaft und solides Handwerk – stets gepaart mit gesundem Menschenverstand.« Dr. Bert Flossbach

Im Prinzip drückt Dr. Flossbach hier den eigentlich wichtigsten Punkt des Buches aus. In erster Linie geht es bei der Geldanlage eben nicht um die Umsetzung finanzmathematischer Theoriemodelle, sondern um praktisches, handwerkliches Geschick. Im Interview vergleicht Thomas Mayer diesen Sachverhalt sehr anschaulich mit dem Unterschied zwischen einem Künstler und den Kunsthistorikern. Sind diese doch in der Regel allesamt nicht in der Lage, ihr theoretisches Wissen stilvoll in ein anspruchsvolles Kunstwerk zu verwandeln.

Das Buch selbst ist wissenschaftlich-theoretisch aufgebaut und dürfte für den einen oder anderen Leser, der leichte und populärwissenschaftliche Kost erwartet, nicht einfach zu lesen sein. Aus diesem Grund zieht Thomas Mayer am Ende eines jeden Kapitels ein Fazit, in dem er das zuvor besprochene nochmal zusammenfasst und allgemein verständlich erklärt. Zudem verliert der Autor auch die aktuelle politische und geldpolitische Lage nicht aus den Augen. Der Leser braucht auf jeden Fall Zeit, um die Thematik des Buches zu durchdringen und Schlüsse für das eigene Handeln zu erzielen.

Kapitel 1 bis 3

In den ersten Kapiteln geht Thomas Mayer intensiv auf die Geschichte und Entstehung unseres heutigen Geldsystems ein. Er erklärt ausführlich die Rolle der Zentralbanken, das Wesen des Kreditgeldes, den Zins und warum im heutigen Kreditgeldsystem Eigentum von den Gläubigern (auch Bürgern) zu den Schuldnern umverteilt wird. Desweiteren legt er dar, warum der als Zeitwert des Geldes verstandene Zins notwendigerweise positiv sein muss. Im Übrigen stellt er seine Wichtigkeit in Bezug auf die Bewertung von Wertpapieren heraus.

Kapitel 4

Das Kapitel 4 beschäftigt sich mit Geldanlagen hinsichtlich Beteiligungen an Eigentum einerseits und der Finanzierung von Schuld andererseits. Eine besondere Rolle kommt hierbei der Aktie zuteil, die eine Beteiligung an produktivem Eigentum ermöglicht. Mehrfach weist Thomas Mayer in diesem Kapitel auch darauf hin, dass der bei vielen Anlegern besonders beliebte Schuldner namens Staat mit hohen Risiken für den Anleger behaftet ist.

Kapitel 5

Kapitel 5 ist schwer. Es beschäftigt sich mit der modernen Finanztheorie (MFT) und deren Verästelungen. Der Autor ist in früheren Jahren von dieser Theorie fasziniert, die ihn an Hermann Hesses letztes großes Werk  Das Glasperlenspiel erinnert. Thomas Mayer glaubte, mit dieser Theorie den Stein der Weisen und den absoluten Durchblick gefunden zu haben. Geht es hierbei doch schlichtweg um eine allumfassende Deutung der Realität.

Kapitel 6 bis 8

In Kapitel 6 erklärt Thomas Mayer nun, warum die Theorien der MFT auf „Sand gebaut“ sind. Er beschreibt eine komplexe Wirklichkeit, die kaum in das Gedankengebäude der modernen Finanztheorie passt. Er weist an Beispielen einfach nach, wie weit sich die theoretischen Gedankengebäude von der Wirklichkeit entfernt haben und diese wenig bis gar nicht beschreiben können. Schlechterdings weil sie das Verhalten von Menschen völlig ungenügend beschreiben.

Kapitel 9 - 10

Kapitel 9 beschäftigt sich mit dem Weg von der Theorie zur Praxis. Es diskutiert die praktischen Folgen der Austrian-Finance-Theorie, die Einschätzung verschieder Arten der Geldanlage und des Portfoliomanagements und nicht zuletzt die Bewertung von Finanzanlagen.

Fazit

Das Buch ist gut und intensiv. Doch nicht für jeden geeignet. Zum Ende hin wirkt es fast zu kurz und unfertig, wie Thomas Mayer selbst im letzten Abschnitt schreibt. Ihm selbst ist bewusst, dass noch eine Menge Arbeit geleistet werden muss. Nicht nur von ihm, sondern auch vom werten Leser, den er zu Diskussionen einlädt.

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