Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0394 (06:06 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0355 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 129,06. In der Folge notiert EUR-JPY bei 134,13. EUR-CHF oszilliert bei 1,0419.
Die Finanzmärkte bleiben nervös und volatil in einem grundsätzlich von Risikoaversion geprägten Umfeld. Gestern stach die weitere Befestigung des USD hervor. In der Folge kamen die Edelmetalle und der Euro gegenüber dem USD unter Druck. Entscheidend für diese Entwicklung war auch eine aktuelle Einlassung des Präsidenten der US-Notenbank.
Fed-Chef Powell hat die US-Bevölkerung auf Härten im Kampf gegen die Inflation vorbereitet. Laut Powell würde es einige Schmerzen mit sich bringen, die Inflation auf zwei Prozent zu senken. Aber am Ende wäre es am schmerzhaftesten, wenn die Fed dabei versagen würde. Dann könnte sich die Inflation auf einem hohen Niveau festsetzen. Powell bezeichnete den Kampf gegen die Preisinflation als die wichtigste Aufgabe. Er wiederholte die Erwartung, dass die Notenbank bei den kommenden beiden Sitzungen die Zinsen jeweils um 0,5 % erhöhen würde (CPI aktuell bei 8,3 %).
Bekanntermaßen hat die US-Notenbank anders als die EZB ein duales Mandat, einerseits für Preisstabilität, andererseits für auskömmliches Wachstum und hohe Beschäftigung. In den letzten Jahren lag der Fokus auf den Wirtschaftsaspekten. Die aktuellen Äußerungen machen klar, dass sich dieser Fokus der Fed aus guten Gründen (CPI/PPI/Verankerung der Inflationserwartungen) Richtung Preisstabilität orientieren wird. Diese unmissverständliche Klarstellung wurde gestern von den Devisenmärkten diskontiert.
Fokus: Energiesicherungsgesetz/Enteignungen
Hintergrund: Zunächst sei angemerkt, dass Eigentum durch das Grundgesetz §14 geschützt ist, ergo handelt es sich um ein Grundrecht. Damit geht es um ein inhaltsschweres Thema.
Das Energiesicherungsgesetz Deutschlands soll ab Juni in Kraft treten. Es erlaubt die Enteignung von Unternehmen im Fall eines Energie-Notstands. Auch vor einer Gefährdung der Energieversorgung sollen Maßnahmen möglich sein.
Österreich geht einen anderen Weg. Dort soll gesetzlich verankert werden, dass Gasspeicher befüllt werden müssen. Auf Enteignungen verzichtet man in Wien. Wir überlassen den Lesern, welche Form der Maßnahmen verfassungskonformer und damit angemessener ist.
Europa versus China
Europa steht im Fokus der Ukrainekrise. Versorgungsunsicherheiten prägen das Bild. Die volle Wucht des Anstiegs der Rohstoffpreise trifft uns mehr als andere Regionen der Welt, denn gleichzeitig wertet der Euro ab, was die Verteuerung der Rohstoffe verschärft. Deutschland und Westeuropa sind die erkennbaren Verlierer.
China dagegen profitiert durch die Krise. Versorgungssicherheit ist gegeben und man hat Preisabschläge im Rohstoffeinkauf, da man sich nicht am westlichen Sanktionsregime beteiligt, die eigene Währung ist stark. Die Investitionsqualität nimmt vor diesem Hintergrund zu.
Werfen wir einen Blick auf die Fakten bezüglich des deutschen und europäischen Schicksals. Laut DIHK muss die Prognose der deutschen Exportwirtschaft eingedampft werden. Die deutsche Exportindustrie wird nach Einschätzung des DIHK in diesem Jahr nun nur noch bestenfalls stagnieren. Volker Treier, der Außenwirtschaftschef des DIHK sagte, es würde nicht viel mehr geben für die deutsche Exportwirtschaft als hoffentlich eine schwarze Null. Anfang des Jahres war der DIHK noch von plus sechs Prozent ausgegangen.
Auch an anderer Stelle sollte das deutsche und europäische Dilemma sukzessive erkennbar werden. Wenn man den Prognosen folgen will, wird die Industrieproduktion der Eurozone (heute 11 Uhr Veröffentlichung) im Monatsvergleich von Februar auf März um 2,0 % sinken. Auch im Jahresvergleich käme es dann zu einem Rückgang (-1,0 %). Man sollte sicherlich Monatsdaten nicht zu hoch hängen, aber die Fissuren nehmen zu. Sollte sich die Ukrainekrise fortsetzen oder verschärfen sind markante Abbrüche konjunktureller Art in Europa wahrscheinlicher als im Rest der Welt.
China und die Länder, die nicht am Sanktionsregime teilnehmen, sind die Gewinner aus dieser Konstellation. Es hängt vom westlichen Krisenmanagement ab, ob das tendenziell ein eher temporäres Phänomen ist oder zu einem neuen strukturellen Status quo führt.
China lieferte heute früh Fakten. Die direkten Auslandsinvestitionen (FDI) verzeichneten per April im Jahresvergleich einen Anstieg um 20,5 % nach zuvor 25,6 %. Im Zeitraum Januar bis April lag die Zunahme im Jahresvergleich bei 26,1 % (74,47 Mrd. USD). Vor dem Hintergrund der rigorosen Corona Politik einerseits, die die Konjunktur hemmt, und dem Krisenszenario Ukraine sind diese Daten bemerkenswert und unterstreichen den hier dargestellten Kontext.
Der nachfolgende Chart belegt, dass das Investitionsniveau der direkten Auslandsinvestitionen in der Phase Februar 2021 bis April 2022 auf dem höchsten Niveau der letzten mehr als zehn Jahre oszilliert. Wo wäre dieses Niveau wohl ohne den hybriden Wirtschafts- und Finanzkrieg der USA gegen China?
© Reuters
Fazit: Was heißt das für Deutschland und Europa?
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Keine marktrelevanten neuen Erkenntnisse
Deutschland: Der Leistungsbilanzüberschuss lag per März bei 18,8 Mrd. EUR nach zuvor 21,1 Mrd. EUR (revidiert von 20,8 Mrd. EUR).
Großbritannien: BIP und Handelsbilanz leicht enttäuschend
Das BIP stieg per erstem Quartal 2022 im Quartalsvergleich um 0,8 % (Prognose 1,0 %) nach zuvor 1,3 %. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 8,7 % (Prognose 9,0 %) nach 6,6 %.
Das Handelsbilanzdefizit legte per Berichtsmonat März von zuvor 21,61 Mrd. GBP auf 23,89 Mrd. GBP (Prognose -18,50 Mrd. GBP) zu und näherte sich damit dem historischen Höchstwert bei -26,50 Mrd. GBP (Januar 2022) an.
China: Corona-Politik hat auf Investitionen keinen wesentlichen Einfluss
Die direkten Auslandsinvestitionen (FDI) verzeichneten per April im Jahresvergleich einen Anstieg um 20,5 % nach zuvor 25,6 %. Im Zeitraum Januar bis April lag die Zunahme im Jahresvergleich bei 26,1 % (74,47 Mrd. USD).
USA: PPI etwas höher (J) als erwartet
Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich in der Berichtswoche per 7. Mai auf 203.000 (Prognose 195.000) nach zuvor 202.000 (revidiert von 200.000).
Die Erzeugerpreise legten per April erwartungsgemäß um 0,5 % im Monatsvergleich zu (Vormonat revidiert von 1,4 % auf 1,6 %). Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 11,0 % (Prognose 10,7 %) nach zuvor 11,5 % (revidiert von 11,2 %).
Japan: Positive Stimmungsentwicklung
Der Index „Economy Watcher‘s Poll“ stieg per Berichtsmonat April von zuvor 47,8 auf 50,4 Punkte.
Indien: CPI höher als unterstellt
Die Verbraucherpreise legten per April im Jahresvergleich um 7,79 % (Prognose 7,50 %) nach zuvor 6,95 % zu.
Malaysia: BIP deutlich besser als erwartet
Das BIP stieg per erstem Quartal 2022 im Jahresvergleich um 5,0 % (Prognose 4,0 %) nach zuvor 3,6 %.
Zinserhöhungen:
Serbien: Von 1,50 % auf jetzt 2,00 %
Mexiko: Von 6,50 % auf jetzt 7,00 %
Peru: Von 4,50 % auf jetzt 5,00 %
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0870 – 1.0900 neutralisiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg!
Kommentare
Wenn möglich, würde ich mich in den kommenden Tagen über eine Einlassung zum Theme EUR/GBP freuen.
Herzlichen Dank!
Nick Meilinger
Das wird sie, Herr Hellmeyer, weil der US–NATO daran gelegen ist und Deutschland der Hauptverlierer ist. Also, Gewinner sind nur die USA und deren Waffen-Industrie, während Deutschland immer mehr zur Kriegspartei wird. Es sieht nicht gut aus …
Schönes Wochenende!
ich schätze Ihre Tagesanalysen sehr. Bei Ihren nachfolgenden Satz, sollten Sie sich mal mit dem Thema Mensch-Personen und den Firmen und Handelrecht auseinandersetzen.
"Zunächst sei angemerkt, dass Eigentum durch das Grundgesetz §14 geschützt ist".
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ist eine Versicherung, denn die Bundesrepublik
(bzw.ihre haftenden Gesellschafter) sind versicherungspflichtig.
Das Grundgesetz gilt eigentlich nur für deutsche, aber die meisten in diesem Land sind nur laut Personalausweis/ Reisepass deutsch.
Somit haben Sie keine Rechte und können zu jeder Zeit Enteignet werden. Kann man alles im BGB oder EGBGB (§ 7, 10) nachlesen.
Die VS können hier nicht mehr so vorgehen, wie im Irak oder in Lybien. Die FED gibt sich als ultrasozial und verkündet Inflationsbekämpfung jetzt als oberstes Ziel, während sie wohl eher an eine Kompensation der schwindenden Dollarmacht über reizvolle Carrytrades in den VS spekuliert.
Die EU verstrickt sich derweil in sich täglich überschlagenden Loyalitätsstatements gegenüber der Ukraine und schickt ihre eigene Währung auf gnadenlose Talfahrt. Sie merkt nicht, dass es vernichtende Quittungen der globalen Finanzmärkte hagelt und wem ist schon aufgefallen, dass nach einer kurzen Rubelschwäche von 140 in der Spitze der Euro glatt die Hälfte an Kaufkraft auf unter 70 eingebüßt hat und jetzt über 10% schlechter dasteht, als vor dem Krieg?
Freut man sich vielleicht, jetzt Russland brutal schockiert zu haben, dass Finnland kurz vorm Eintritt in die NATO steht? Und die Schweden gleich im Windschatten?
Man hat sich bereits wieder in einen Krieg mit Russland führen lassen, politisch und wirtschaftlich bereits mittendrin, militärisch immerhin in sekundärer Form.
Der Investor flucht... soll ich jetzt wieder in japanische Aktien gehen... indische? (mit Staunen verfolge ich z.B, wie eine Indo Tambangraya abgeht und fette Divi ausschüttet), vorsichtig in chinesische wieder? Viele von diesen erwecken ja den Eindruck von Pennystocks, was ich aber darauf zurückführe, dass hier Mrd von Kleinanlegern mitspielen wollen und die lockt man nicht damit an, ein Zwanzigstel einer Appleaktie erwerben zu können. Aber 5000 von 5 Mrd Aktien klingen da schon verlockender...
Wie auch immer... alles läuft nach Plan (wie es der "Nachtwächter" immer abschließend kommentiert), offensichtlich, nur... nach welchem Plan?
Ich habe das Gefühl, dass sich alle Welt aktiv den neuen Gegebenheiten anpasst und neue Geschäftsfelder definiert und ausfüllt. Nur was ist mit Europa? Europa verkehrt sich wichtigtuerisch in re-aktionären Gesten. Wie kann ich einen Plan verfolgen, wenn ich nur reagiere? Kann Europa sich so in Verteidigung verzetteln, dass es gar keine Stürmer zum Tore schießen auf dem Spielfeld hat? Oder fristen die ein isoliertes Dasein im Gegnerfeld und schießen bestenfalls verirrte Abseitstore, die nicht gezählt werden?
Beim Fußball ist sich das Volk einig und würde einen Trainer nach dem anderen feuern, aber Regierungen...? Man sollte hier sorgfältiger abwägen, bevor man einen 5-Jahresvertrag mit einer Regierung schließt, dessen eingesetzte Stürmer nur Eigentore schießen...
Zu ihren Beitrag:
Eigentum ist nach dem Grundgesetz eben kein schrankenlos gewährtes Grundrecht.
Anders als z.B. die Menschenwürde in Art 1 GG kann das Grundrecht auf Eigentum nach Art 14 Abs. 3 GG unter folgenden Voraussetzungen (in Form einer Enteignung) eingeschränkt werden:
(i) es geschieht zum Wohle der Allgemeinheit
(ii) es geschieht auf Grundlage eines Gesetzes
(iii) und es geschieht gegen Zahlung einer Entschädigung
Die genannte Gesetzgebung schafft damit letztlich nur die Vorraussetzungen für eine Rechts- und Verfassungskonforme Enteignung.Mehr ist (erstmal) nicht passiert…Und: Möglicherweise ist ein entsprechendes Gesetz in Österreich keine Voraussetzung für Enteignung.Der Schluss, dass Österreich sich eines solchen Mittels nicht bedienen würde, ist jedenfalls alles andere als zwingend!
Liebe Grüße und schönes Wochenende