Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0723 (05:36 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0695 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 146,40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 156,96. EUR-CHF oszilliert bei 0,9556.

Märkte: Milde Risikoaversion

Die Finanzmärkte zeigten sich in der letzten Woche von milder Risikoaversion bestimmt. Insbesondere Daten aus der Eurozone konnten nicht überzeugen. So fiel das BIP der Eurozone (0,1% statt 0,3%) schwächer als erwartet aus, Deutschlands Industrieproduktion (-0,8%) und Deutschlands Auftragseingang (-11,7%) enttäuschten zum Teil massiv, um nur einige Beispiele zu liefern.

Aktienmärkte verloren im Wochenvergleich überschaubar an Boden (MSCI World circa -1,4%, DAX 1,0%, EuroStoxx 50 -1,2%, S&P 500 -1,6%, CSI300 -1,7%).

Die Rentenmärkte zeigte sich weiter in weicher Verfassung. Inflations- und daraus generierte Zinssorgen blieben und bleiben ein Thema. 10-jährige Bundesanleihen rentieren heute früh mit 2,61% nach 2,54% zum letzten Wochenanfang. 10-jährige US-Staatstitel werfen aktuell eine Rendite in Höhe von 4,30% nach 4,20% zum Wochenstart in der letzten Woche ab.

Auf Wochensicht hat der EUR gegenüber dem USD an Boden verloren. Es kam im Vergleich der Eröffnungsniveaus zu einem Rückgang um rund 0,6%. Vor dem Hintergrund der gegebenen Zinsdifferenz zugunsten des USD, der positiv realen Zinsen, die der USD im Gegensatz zum EUR zu bieten hat, der deutlich besseren Konjunkturlage im Vergleich zur Eurozone und der aktiven, wenn auch rechtlich anfechtbaren Strukturpolitik, ist die relative Stabilität des Euros gegenüber dem USD weiterhin "bemerkenswert".

G-20 Abschlusserklärung bemerkenswert

Die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer haben sich beim G-20-Gipfel in Indien auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Dabei wurde auf eine Verurteilung der russischen Invasion wie noch beim G-20-Gipfel in Indonesien verzichtet. Die G-20 verständigten sich auf einen Kompromiss, in dem alle Länder unter Verweis auf die Charta der Vereinten Nationen aufgefordert wurden, von Angriffen auf die territoriale Integrität oder Unabhängigkeit eines Staates abzusehen. Zudem wurde der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen als unzulässig bezeichnet.

Kommentar: Wir freuen uns, dass es eine Abschlusserklärung gab. Sie ist Ausdruck eines Grundkonsenses auf Basis der UN-Charta (nicht regel-, sondern rechtsbasiert). Macron, Scholz, Modi und Lawrow wollen einen Erfolg erkennen. Das ist noch besser. Fakt ist, dass die neutrale verbale Ausgestaltung mit Verweis auf die UN-Charta (auch Thema der territorialen Integrität) nicht nur auf ein Land zielt. Es ist ein zweischneidiges Schwert (z.B. völkerrechtswidrige US-Okkupation von Teilen Syriens).

DIW sieht Wirtschaftsschwäche, aber keinen „kranken Mann“ – Klartext!

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält Warnungen vor einem Abstieg Deutschlands losgelöst von der aktuellen Konjunkturschwäche für übertrieben. Deutschland sei nicht der kranke Mann Europas (DIW-Präsident Fratzscher). Deutschland könnte es werden, wenn jetzt wichtige Reformen nicht gemacht würden. Mit einem klugen Transformationsprogramm ließen sich sowohl Angebot als auch Nachfrage stärken - etwa indem die Politik Bürokratie und Regulierung abbaue, in Infrastruktur, Bildung und Forschung investiere und auf sozialen Ausgleich achte.

Kommentar: Deutschland ist laut IWF als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt das Schlusslicht der IWF-BIP-Skala. Es ist das einzige Land in der IWF-Skala mit Kontraktion der Wirtschaftsleistung per 2023. Diese Fakten kleinzureden, verbietet sich hinsichtlich der realen Risiken für den Wirtschaftsstandort, die seit 1949 nie größer waren.

Das Thema Abwanderung von Unternehmen (auch "Hidden Champions", Risiko für das Wirtschaftscluster – letztes "Ass im Ärmel") ist so virulent wie nie zuvor. Dazu empfehle ich zwingend folgenden Artikel der Berliner Zeitung ("Extrem kritisch: Top-Unternehmen wollen Deutschland verlassen"). Das gilt um so mehr, als dass es sich um strukturelle Probleme handelt. Die Konjunkturlage ist hier Ausdruck der strukturellen Schwächen.

Die Themen der Reformen, die das DIW anspricht sind richtig, aber das DIW lässt in politisch korrekter Manier die Kernursachen, die Primärrisiken außen vor, die Themen der Energieversorgungssicherheit und die der preislichen Konkurrenzfähigkeit (auch gegenüber Frankreich, circa halber Preis Deutschlands). Dort ist das Primärrisiko für die Summe aller Unternehmen (Kapitalstock), die die Einkommen für Staat und private Haushalte direkt oder indirekt verantworten, angesiedelt. Das DIW kapriziert sich auf die Sekundärrisiken. Das mag "politisch korrekt" sein, mehr aber auch nicht.

Die Stimmung sei derzeit deutlich schlechter als die Realität. Politik und Unternehmen müssten aufpassen, dass sich wirtschaftliche Sorgen und Ängste nicht weiter hochschaukelten und zu einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale führten, so Fratzscher.

Kommentar: Die Stimmung, die auf von der Politik zu verantwortenden Fakten beruht und faktisch nicht angreifbar ist, ist nicht schlechter als die Realität. Sie führt fraglos zu einer sich zügig verändernden Realität, sehr geehrter Herr Fratzscher. Sie und Kollegen haben sich in den Prognosen der zu erwartenden Realität vor diesem Hintergrund geirrt und mussten nachsteuern. Es gab wenige Kollegen, die die Risiken richtig einschätzten und vor dem aktuellen Szenario warnten. Das Risiko, dass Sie weiter nachsteuern müssen, ist nicht gering, sofern das Primärrisiko Energie nicht nachhaltig und dauerhaft gelöst wird.

Das DIW schloss sich anderen führenden Instituten an und gab einen pessimistischeren Ausblick ab als noch im Frühsommer. Das BIP dürfte 2023 in Deutschland mit 0,4% doppelt so stark schrumpfen wie bislang vorhergesagt. Für 2024 und 2025 sei dann ein Wachstum von jeweils 1,2% zu erwarten.

Kommentar: Mit der DIW-Prognose-Anpassung liegt das DIW im Mainstream der Prognosen.

Japans Regierungschef kündigt Wirtschaftspaket an

Ministerpräsident Kishida hat Maßnahmen zur Konjunkturstützung angekündigt. Am Rande des G20-Gipfels sagte er, er wolle am Mittwoch einen Personalwechsel im Kabinett und in der Parteiführung vornehmen sowie bald darauf ein Maßnahmenpaket schnüren, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen. Er wolle die Menschen vor Preissteigerungen schützen sowie den Trend zu Lohnerhöhungen und Investitionswachstum verstärken. Kishida sprach von drastischen Maßnahmen, die aus dem Haushalt unterstützt würden.

Kommentar: Japan handelt im Moment der Konjunkturstärke smart und verantwortungsvoll, um den aktuellen Erfolg in die Zukunft zu tragen. Hier wird Erfolg nicht ver- oder zerwaltet (Modell Merkel), sondern gestaltet. Die Vorteile, die sich aus der Energiefrage ergeben, sollen durch den Ansatz der Regierung offensichtlich verankert werden.

Befindet sich Deutschlands Wirtschaft (Standortpolitik) in einer Konkurrenzsituation zu Japan (Sachalin), zu den USA (IRA) und am Ende auch zu Frankreich (Atom) Herr Fratzscher? Hat unser Problem nur mit "Stimmung" zu tun?

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Frankreichs Industrieproduktion auf Wachstumskurs

Deutschland: Die Verbraucherpreise nahmen laut finaler Berechnung im Monatsvergleich um 0,3% und im Jahresvergleich um 6,1% zu. Beides entsprach den vorläufigen Werten und Prognosen.

Frankreich: Die Industrieproduktion stieg per Juli im Monatsvergleich um 0,8% (Prognose 0,1%) nach zuvor -0,9%.

USA: Verbraucher kommen an ihre Kreditgrenzen?

Die Verbraucherkredite nahmen per Juli um 10,40 Mrd. USD (Prognose 16,00 Mrd. USD) nach zuvor 14,02 Mrd. USD (revidiert von 17,85 Mrd. USD) zu.

China: CPI und PPI im globalen Kontext sehr entspannt

Die Verbraucherpreise legten per August im Jahresvergleich um 01,% (Prognose 0,2%) nach zuvor -0,3% zu. Die Erzeugerpreise verzeichneten per August einen Rückgang um 3,0% (Prognose -3,0%) nach zuvor -4,4%.

Russland: Starkes BIP

Laut Revision nahm das BIP im 2. Quartal 2023 im Jahresvergleich um 4,9% zu (vorläufiger Wert 4,9%). Die Verbraucherpreise stiegen per August im Jahresvergleich um 5,2% (Prognose 5,1%) nach zuvor 4,3%.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.0920 – 1.0950 negiert das für den USD positive Szenario.

Viel Erfolg

 

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