Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0160 (05:45 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0145 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 135,54. In der Folge notiert EUR-JPY bei 137,75. EUR-CHF oszilliert bei 0,9886.

An den Finanzmärkten kam es zu einer erhöhten Risikobereitschaft. Zunächst ist die Bewegung als technische Korrektur zu klassifizieren. So konnten Aktienmärkte global an Boden gewinnen. An den Kapitalmärkten ergab sich eine Zinsversteifung (10 Jahre Laufzeit: Bunds 1,30 %, US-Staatsanleihe 2,98 %). Der USD gewann gegenüber dem EUR leicht an Boden. Ein neues 20 Jahrestief des Euros wurde bei 1,0145 im US-Handel markiert.

Nicht nur die Devisenmärkte schreiben das westliche Kontinentaleuropa hinsichtlich der selbstzerstörerischen Politik zunehmend ab. Es wird in den kommenden Monaten sehr interessant, wie sich die Investitionsbereitschaft in die Realwirtschaft des westlichen Kontinentaleuropas entwickeln wird. Die Vorzeichen waren nie prekärer, denn es mangelt an Versorgungssicherheit, aber auch an dem politischen Willen, eine eigene interessenbasierte Außenpolitik im Kontext einer wirtschaftlichen Interessenpolitik planvoll zu gestalten. Beide Aspekte sind Katalysatoren eines potenziellen Votums gegen unseren Wirtschaftsraum.

Alles hängt an der Wirtschaft, auch die Freiheit, denn Freiheit und unser Verständnis von Demokratie gibt es nachweislich nur, wo, es dauerhaft auch Wohlstand gibt. Der dauerhafte Verfall des Wohlstands korreliert regelmäßig mit dem Verfall der Demokratie und Freiheit. Ich erinnere an 1929/1932 mit der Folge 1933 in Deutschland oder in der Defizitkrise an Griechenland, wo die Wähler ihre Entscheidungen zu Gunsten der Ränder des politischen Spektrums gestalteten.

Wie sagte Ex-Präsident Clinton: „It is the economy, stupid.“ Was erwarten Menschen von Staatlichkeit. Sie erwarten innere Sicherheit und Versorgungssicherheit (Energie, Nahrung, Wohnraum). Nach der Befriedigung dieser Grundbedürfnisse kommt das Thema Freiheit und Demokratie. Plump ausgedrückt: „Fressen geht vor Moral!“ Warum ist das so? Weil ohne Befriedigung der Grundbedürfnisse Leben nicht möglich ist!

Die Ukraine-Krise ist der Katalysator für die aktuellen Entwicklungen. Ich lege Ihnen heute den Link eines Videos mit Jacques Baud, einem Profi aus Schweizer Geheimdienst und NATO ans Herz. Es ist lang (1:40 Std.), manchmal auch etwas träge, aber sehr inhaltsschwer.

Frankreich: Regierung plant Subventionspaket

Die Regierung in Paris plant ein Maßnahmenpaket in der Größenordnung von 20 Mrd. EUR, um die Folgen der durch die Sanktionspolitik verursachten Inflation für die Bevölkerung zu mildern. Das Paket soll eine vier Prozent Erhöhung der Sozialleistungen und Renten, einen Mietendeckel, eine Verlängerung des Rabatts auf Kraftstoffe als auch eine Lohnerhöhung der Staatsdiener um 3,5 % inkludieren.

Kommentar: Es ist verständlich, dass die Länder Westeuropas Versuche unternehmen, die Konsequenzen (ihres Handelns/Kontext Jacques Baud) aus der Krise für ihre Bevölkerungen abzufedern. Es geht um die Stabilität der Gesellschaften, aber fraglos auch um eigenen Machterhalt. Aus struktureller Sichtweise (Aristoteles) ist hier anzumerken, das es alles konsumtive und nicht investive Maßnahmen sind. Anders ausgedrückt: Eine dauerhafte Fortsetzung der Ukraine-Krise, die gerade von Herrn Scholz in Aussicht gestellt wurde, bedeutet eine dauerhafte Subventionierung und damit auch eine dauerhafte Erosion der öffentlichen Haushalte, die ohnehin mit einem prekären Niveau reüssieren (Gesamtbetrachtung der Eurozone). Das Thema Defizitkrise ist derzeit nicht auf der Agenda, aber es entwickelt Potenzial, manche Analysten haben es schon im Fokus. Aus diesem Grunde zum nächsten Thema!

EZB: Instrument gegen Fragmentierung oder geht es auch um etwas anderes?

Das von der EZB angekündigte geldpolitisches Werkzeug zur Stützung stark verschuldeter Länder der Eurozone würde laut Ratsmitglied Villeroy de Galhau (Chef der Banque de France) kraftvoll sein. Er sagte, dass er keinen Zweifel hätte, dass man ein wirksames Instrument zum Schutz vor ungerechtfertigter Fragmentierung etablieren würde.

Kommentar: Es ist verständlich, dass eine Zentralbank intakte Wirkkanäle der eigenen Geld- und Zinspolitik im gesamten Währungsraum gewährleisten will, da sie ansonsten nicht ihrer Aufgabe entsprechen würde. So weit zur Theorie.

Es ginge nicht darum, einer Regierung aus politischen Erwägungen heraus zu helfen. Damit die Geldpolitik wirksam sei, müsse sie bei allen Wirtschaftsakteuren in der Eurozone ankommen.

Kommentar: Bezüglich des Themas der anscheinend bitteren Notwendigkeiten der konsumtiven Subventionspolitik im Rahmen der Ukraine-Krise mit den daraus resultierenden Belastungen der öffentlichen Haushalte, die jetzt Raum greifen, könnten diesem neuen geldpolitischen Werkzeug aber weitere Funktionalitäten zugedacht sein, die an sich nicht im Verantwortungsbereich der EZB liegen. „Food for thought!“

Premier Johnson trat zurück

Premier Johnson hat gestern seinen Rücktritt angekündigt. Nach vielen Skandalen in seiner Regierung war sein Rückhalt in den eigenen Reihen geschwunden. Ein historisch einmaliger Exodus im Regierungsapparat zwang den Premier zu dieser Entscheidung. Bisher hatte er einen Rücktritt abgelehnt.

Kommentar: Der Rücktritt war überfällig. Mit Boris Johnson hat sich das UK einen massiven Reputationsschaden zugefügt, der auch nicht schnell heilbar sein wird (u.a. Lügen, angekündigte Vertragsbrüche).

Er erklärte, er wolle das Amt noch so lange ausfüllen, bis seine Nachfolge geregelt sei.

Kommentar: Ich bin bei Ex-Premier Major, der eine sofortige Ablösung forderte. Wenn man Zeichen setzt, sollten sie sakrosankt sein.

Als mögliche Nachfolger gelten unter anderem Außenministerin Liz Truss und Verteidigungsminister Ben Wallace.

Kommentar: Ich bin gespannt. Die entscheidende Frage ist es aus kontinentaleuropäischer Sichtweise, ob Großbritannien beginnt, sich der regelbasierten Ordnung anzunähern. Hinsichtlich der genannten Persönlichkeiten herrscht bei mir keine euphorische Stimmung.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Deutschlands Produktion stabilisiert

Deutschland: Die Industrieproduktion nahm per Mai im Monatsvergleich um 0,2 % (Prognose 0,4 %) nach zuvor 1,3 % ab (revidiert von 0,7 %). Im Jahresvergleich lag der Rückgang bei 1,41 % nach zuvor -2,50 % (revidiert von -2,14 %).

Schweiz: Reserven sinken stark

Die Devisenreserven sanken per Juni von zuvor 925,5 Mrd. CHF auf 849,8 Mrd. CHF. Das ist markant und mag in Teilen der hohen Bewertung des CHF geschuldet sein.

UK: Schwache Produktivität

Die Arbeitsproduktivität sank per erstem Quartal 2022 im Jahresvergleich um 0,8 % nach zuvor +0,3 % (revidiert von 0,7 %).

USA: Keine Erfrischung durch Daten

Die Handelsbilanz wies per Berichtsmonat Mai ein Defizit in Höhe von 85,5 Mrd. USD (Prognose -84,9 Mrd.) nach zuvor -86,7 Mrd. USD (revidiert von 87,1 Mrd.) auf.

Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stellten sich per Stichtag 2. Juli auf 235.000 (Prognose 231.000) nach zuvor 231.000.

Laut Challenger Report waren per Juni 32.517 nach zuvor 20.712 Jobs von angekündigten Entlassungen betroffen.

Japan: Handelsbilanzdefizit auf höchstem Stand seit Mai 2014

Die Handelsbilanz wies per Mai ein Defizit in Höhe von 1.186,7 Mrd. JPY aus (Vormonat -986,1 Mrd. JPY). Es war das höchste Defizit seit Mai 2014.

Der Index „Economy Watcher‘s Poll“ sank per Berichtsmonat Juni von zuvor 54,0 auf 52,9 Punkte. Die Ausgaben der privaten Haushalte sanken per Mai im Jahresvergleich um 0,5% (Prognose +2,1%) nach zuvor -1,7%.

Russland: Stabile Reservelage

Die Devisenreserven lagen per Stichtag 1. Juli bei 586,8 Mrd. USD nach zuvor 586,1 Mrd. USD.

Ukraine: Schwächere Reservelage

Die Devisenreserven sanken per Juni von zuvor 25,1 Mrd. USD auf 22,8 Mrd. USD.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0870 – 1.0900 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

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