Vom Dotcom-Hype zur KI: Ein Blick auf vergangene Erfahrungen

Wer schon etwas länger an der Börse dabei ist, hat bereits viele Hypes erlebt. Am prominentesten war sicherlich die Dotcom-Bubble, doch die Krisengewinner von 2020 sind ebenso abgestürzt wie der einstiege Hype-Sektor Wasserstoff. Als Anleger ist man grundsätzlich gut beraten, wenn man sich von den Themen, die in aller Munde sind, fernhält. Bei der KI-Revolution sieht es allerdings anders aus und das hat Gründe.

Mit diesen Worten begann im vergangenen Jahr ein Artikel zum Thema KI (KI: Dieser Hype ist anders und Sie sollten dabei sein) und den Profiteuren im Sektor. Die Aussage war eindeutig: Die Kursgewinne sind berechtigt, ganz im Gegensatz zu etlichen anderen Hypes, die wir in den Jahren zuvor erlebt haben.

Als beispielsweise die Aktien von 3D-Druck-Unternehmen durch die Decke gingen, wurden Träume gekauft. Die meisten Unternehmen in diesem Sektor hatten kein oder kaum ein operatives Geschäft und trotzdem schoss der Börsenwert auf zig Milliarden.

Fundamentaldaten sind wie die Schwerkraft

Nehmen wir zum Beispiel 3D Systems. Das Unternehmen kam am Höhepunkt der Hysterie 2013 auf einen Börsenwert von 9,5 Mrd. USD. Anschließend stürzte die Aktie von über 90 auf unter 5 USD ab.

Man sollte meinen, dass man an der Börse aus solchen Fehlern lernt, doch das Gegenteil ist der Fall. 3D-Druck wieder zu einem heißen Thema. Die Aktie von 3D Systems schoss auf über 50 USD, nur um am Ende wieder auf unter 5 USD zu kollabieren.

Am Ende kommen die Kurse eben auf den Boden der Realität zurück. Und da der Umsatz bei 3D Systems seit über 10 Jahren seitwärts läuft und man Probleme mit der Profitabilität hat, ist das Unternehmen heute nicht mehr wert als Jahre zuvor. So einfach ist das.

I don't think people understand there's 100 % correlation with what happens to a company's earnings over several years and what happens to the stock.“ – Peter Lynch

Warum sich die KI-Revolution von vorherigen Hypes unterscheidet

Das unterscheidet den Hype um KI-Aktien von anderen. Hier werden keine Träume gekauft, keine Unternehmen, die kaum ein operatives Geschäft haben – ganz im Gegenteil.

Der Sektor besteht mehrheitlich aus Unternehmen, die Milliardenumsätze oder sogar Milliardengewinne einfahren. Dieses Geschäft ist jetzt durch KI zusätzlich befeuert, vermutlich für mehrere Jahre.

In dem damaligen Artikel hatten wir etliche Investment-Kandidaten genannt, darunter Nvidia, Alphabet, AMD, Taiwan Semi, STMicroelectronics, Samsung Electronics, Micron, Sk Hynix, Western Digital, Pure Storage, ASML, Applied Materials und Lam Research.

Wer damals mutig zugegriffen, konnte bis heute außerordentlich hohe Gewinne einfahren, denn die meisten der damals genannten Aktien sind durch die Decke gegangen, teilweise sogar stärker als Nvidia.

Doch die Reise hat erst begonnen. Da die meisten der Unternehmen massive Gewinnsprünge vollzogen haben, sind sie auch heute nicht überbewertet.

400 % Rallye und noch immer günstig?

Das gilt beispielsweise auch für Nvidia. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass eine Aktie nach einer Rallye von mehr als 400 % nicht überbewertet war, doch in diesem Fall ist es so.

Nvidia wird den Gewinn im laufenden Geschäftsjahr auf über 12 USD je Aktie vervielfachen und im kommenden Geschäftsjahr vermutlich über 20 Dollar je Aktie verdienen. Nvidia kommt demnach auf eine forward P/E von 29,1. Das ist nicht wenig, aber eine massive Überbewertung lässt sich nicht feststellen.

Bei den vorliegenden Wachstumsraten ist eine relativ hohe P/E rechtfertigbar. In der Vergangenheit war die P/E sogar meistens höher. Doch darum soll es heute nicht gehen.

Gewinner im doppelten Sinn

Ich möchte Ihnen ein eher unbekanntes und noch vergleichsweise kleines Unternehmen vorstellen: Nutanix.

Nutanix ist ein Softwareanbieter für die Bereitstellung und Verwaltung von Virtualisierungs- und Speicherlösungen für Unternehmen. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, das neue Betriebssystem für die Cloud zu werden. Ziel ist es, Cloudinfrastrukturen „unsichtbar“ zu machen, sodass Unternehmen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.

Mit der Lösung sind Unternehmen in der Lage, ihre IT-Systeme schnell und einfach aus den eigenen Rechenzentren in die Cloud zu verschieben. Sind die internen Infrastrukturkapazitäten wie z.B. Server oder Datenbanksysteme ausgeschöpft oder fallen Teile der IT aus, können die Applikationen in die Public Cloud bei AWS, Azure oder Google verschoben und weiter betrieben werden.

Das Unternehmen ist im doppelten Sinn ein KI-Gewinner. Auf der einen Seite explodiert durch KI die Nachfrage nach Cloud-Infrastruktur und auf der anderen Seite hat das Unternehmen eine Reihe von KI-Funktionen in seine Produkte integriert, die den Kunden helfen, ihre IT-Infrastruktur zu optimieren und zu automatisieren.

Beide Faktoren haben zu einer spürbaren Belebung des Geschäfts geführt. Im zurückliegenden Geschäftsjahr, welches bis Ende Juli 2023 lief, konnte der Umsatz von 1,58 auf 1,86 Mrd. USD gesteigert werden. Die wiederkehrenden Einnahmen (Annual Recurring Revenue / ARR) stiegen um 30 % auf 1,56 Mrd. USD.

Ausblick und Bewertung

Da der absolute Großteil des Geschäfts also auf Subskriptionen basiert, ist der gemeldete Gewinn nicht aussagekräftig. Der freie Cashflow hat sich von 18,5 Mio. auf 207,0 Mio. USD mehr als verzehnfacht, was 0,89 USD je Aktie entspricht.

Nutanix hat gerade erst den Sprung in die Profitabilität vollzogen und im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres nahtlos an die gute Entwicklung angeknüpft.

Der Umsatz konnte um 24 % auf 287,2 Mio. USD gesteigert werden, der freie Cashflow hat sich von 45,8 auf 132,5 Mio. USD nahezu verdreifacht. Wird der FCF in den kommenden drei Quartalen ebenso hoch ausfallen oder sogar noch weiter steigen, wird man plötzlich mehr als eine halbe Milliarde Dollar verdienen.

Der P/FCF würde dadurch in etwa auf 26 sinken. Da das Unternehmen gerade erst den Sprung in die Profitabilität vollzogen hat und mit enormem Tempo wächst, ist das wenig.

Die wiederkehrenden Einnahmen (Annual Recurring Revenue / ARR) sind um 30 % auf 1,66 Mrd. USD gestiegen. Die durchschnittliche Vertragsdauer mit den Kunden liegt bei 2,9 Jahren. Der Weg scheint vorgezeichnet zu sein.

Nitanix Inc. (WKN: A2ACQE) - Chart vom 20.01.2024 - Kurs: 54,89 - Kürzel: NTNX - Wochenkerzen

 

Mit dem Ausbruch über 55 USD, wurde ein Kaufsignal mit möglichen Kurszielen bei 58-60 und 63-65 USD ausgelöst. Darüber ergeben sich extrapolierte Kursziele bei 70 und 75 USD.

Größere Rücksetzer, beispielsweise bis zur Unterstützungszone bei 44,50 – 47,50 USD dürften sich als Gelegenheit herausstellen.

Zum ersten Mal hatten wir im Dezember 2021 auf die Aktie hingewiesen (Nutanix – Der nächste Übernahmekandidat?). Damit waren wir unserer Zeit etwas voraus, doch wer damals zugegriffen hat, kann sich heute über einen Gewinn von über 80 % freuen.

Der damalige Titel trifft auch heute zu. Es würde mich nicht wundern, wenn das Unternehmen irgendwann geschluckt wird.

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Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken, bietet keine Anlageberatung und empfiehlt nicht den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.

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