Hoffnung kommt weder aus dem „Reich der Mitte“ noch aus „Übersee“

Die globale Industriegüternachfrage läuft alles andere als erfreulich. Das zeigten die jüngsten Daten schonungslos auf. Aufgrund seiner exportlastigen Wirtschaftsausrichtung trifft diese Entwicklung die deutsche Wirtschaft natürlich besonders hart.

Auf Jahressicht sind die Importe in China um alarmierende sieben Prozentpunkte zurückgegangen. Dies beinhaltet natürlich auch deutsche Exporte ins „Reich der Mitte“. Das über viele Jahre vorherrschende chinesische Wirtschaftswunder ist vorbei. Die Jahre beeindruckender zweistelliger BIP-Wachstumstraten gehören der Vergangenheit an.

Die US-Wirtschaft läuft aktuell im Direktvergleich wieder besser. Allerdings sind die Beziehungen zwischen Washington und Peking schon seit Längerem sehr eisig. Nun könnte man hoffen, dass dadurch deutsche Industriegüter zumindest in den USA einen großzügigen Abnehmer finden könnten. Aber weit gefehlt. Die US-Politik forciert weiter ihr Bestreben, zukünftig wieder mehr Industrieproduktion im eigenen Land vorzuhalten. Somit ist auch in Übersee für die deutsche Industrie keine durchgreifende Besserung in Sicht.

Deutsche Wirtschaft sackt immer weiter ab und der DAX „grüßt“ von oben

Trotz alldem zeigt sich der deutsche Aktienmarkt immer noch recht stabil. Noch… Zwar verlor der DAX 40 auch in der vergangenen Handelswoche wieder leicht, alles in allem ist das aber immer noch „Jammern auf hohem Niveau“. Auffällig viele „nochs“…

Viele Marktteilnehmer klammern sich an die Prognose, dass trotz der allgemein weiterhin schwierigen Gesamtlage die Weltwirtschaft das Gesamtjahr 2023 mit einem Wachstum von knapp drei Prozent abschließen wird. Nicht wenige hoffen dann in 2024 auf einen gewissen Wachstumsschub auf bis zu vier Prozent.

Das hilft natürlich auch dem deutschen Leitindex. Der DAX besteht aus weltweit aufgestellten Unternehmen. Mehr als 50 Prozent der Aktivität, gemessen an Produktion, Umsatz und Gewinnwachstum der vierzig DAX-Mitglieder findet in anderen Ländern statt. Im Umkehrschluss profitieren dadurch dann auch die in Deutschland börsennotierten Unternehmen. So paradox es klingen mag: Der deutschen Wirtschaft geht es miserabel, aber den DAX scheints nicht zu jucken.

EZB beendet ihre Sommerpause

In Europa ist der Blick auf Übermorgen gerichtet. Die Notenbanker der EZB kehren aus der Sommerpause zurück und uns blüht der nächste turnusmäßige Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank. Es ist in der ersten Herbstsitzung davon auszugehen, dass das Leitzinsniveau (noch) stabil bleiben wird. Schon wieder so ein „noch“…

Mit den jüngst angestiegenen Inflationserwartungen wird die Diskussion im EZB-Rat hinsichtlich einer weiteren Zinserhöhung wieder etwas hitziger werden. Denn eins hat sich auch über die Sommermonate nicht geändert: Christine Lagarde sieht die Bekämpfung der Inflation nach wie vor als das primäre Ziel der EZB an. Komme, was da wolle…

Fazit: Hohe Bewertungen und inverse Zinskurve lassen aufhorchen

Es mutet weiter sehr vieles paradox an. Wir sehen steigende Aktienkurse trotz alarmierender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Die aktuell immer noch erstaunlich gute Stimmung an den Aktienmärkten könnte sich aber auch ganz schnell nach unten drehen. Die Risiken sind zwar an vielen Stellen noch nicht so offensichtlich, schlummern aber vor allem in den „sagenhaften“ Bewertungen einiger KI-Unternehmen. Diese beinhalten das viel größere Rückschlagpotential als die aktuell ebenfalls alarmierende Exportschwierigkeit der deutschen Industrieproduktion.

Nicht zuletzt möchte ich auf die aktuell inverse Zinskurve in den USA hinweisen. De facto warfen US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren gestern Abend noch rund 4,97 Prozent Rendite ab. Zehnjährige Anleihen kamen gleichzeitig lediglich auf 4,28 Prozent. Historisch gesehen war eine inverse Zinskurve - wie wir sie aktuell in den USA sehen - oft ein Zeichen für eine bevorstehende Rezession.

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