Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Heute erfüllen wir mit UFP Industries einen Leserwunsch und analysieren einen Spezialisten aus dem Holzbau.

UFP Industries war ursprünglich ein reiner Zulieferer von Holz für den Hausbau. Über die Jahre hat man das Geschäft kontinuierlich erweitert. Heute bietet man über die drei Segmente Retail (37,9 % Umsatzanteil), Construction (32,7 %) und Packaging (24,9 %) Holzprodukte für Baumärkte, Bauholz, Holzfertigteile für den Hausbau sowie Verpackungslösungen aus Holz und anderen Materialien.

Das Unternehmen generiert seine Umsätze fast ausschließlich in den USA, verfügt jedoch auch über Produktionsstandorte auf der ganzen Welt, u.a. in Indien (9), Australien (5), Mexiko (4) sowie China (1).

Matthew Missad leitet das Unternehmen bereits seit dem Jahr 2011. In der Unternehmensführung ist der Mann erstklassig. Über die letzten Jahre hat er UFP hervorragend aufgestellt, ohne dabei die Bilanz unnötig zu belasten. Zudem ist Missad bekannt für eine bemerkenswerte Transparenz und Klarheit in der Kommunikation mit dem Markt. Es ist mitunter sogar unterhaltsam, die Kommentare des CEOs zu lesen. Hier ein Beispiel aus dem jüngsten Analysten-Call:

First is interest rates. I'm not sure if there are too many cooks in the monetary policy kitchen, but it appears to me that instead of treating interest rates like slowly simmered pasta sauce and having patience, the cooks got anxious and made microwave catch-up instead“

Übersetzung

Erstens die Zinssätze. Ich bin mir nicht sicher, ob es zu viele Köche in der geldpolitischen Küche gibt, aber mir scheint, dass die Köche, anstatt die Zinssätze wie eine langsam köchelnde Nudelsoße zu behandeln und Geduld zu haben, ängstlich geworden sind und stattdessen die Mikrowelle verwendet haben.“

Die gestiegenen Zinsen machen dem Konzern aktuell tatsächlich Probleme. Die Bautätigkeit geht zurück, der Bedarf an Produkten von UFP sank über die letzten Quartale, was zu rückläufigen Umsätzen und Gewinnen geführt hat. Dazu später mehr.

Quelle: JPMorgan – Guide to the Marktes

 

 

 

Quelle: terminal.stock3.com

Die Aktie befindet sich in einem schönen Aufwärtstrend. Idealerweise hält sich der Titel nun oberhalb der 110-Dollar-Marke, um den Aufwärtsdruck aufrechtzuerhalten. Im übergeordneten Bild bleibt das bullische Bild aufrecht, solange die Aktie nicht mehr unter die Marke von 90 Dollar sinkt. Passiert dies, könnte eine große Korrektur einsetzen, welche die Aktie in den Bereich um 65 Dollar drückt.

 

Quelle: terminal.stock3.com

Spaßeshalber habe ich UFP einmal mit der Performance des PHLX Semiconductor (lila) verglichen. So viel schlechter wäre man mit der Holzbau-Aktie seit 2013 gar nicht gefahren. Das beweist wieder einmal, dass sich hohe Renditen auch mit scheinbar langweiligen Geschäftsmodellen erzielen lassen. Es muss nicht immer Cloud, KI oder Robotik sein. Der Dow Jones (rot) konnte massiv abgehängt werden.

 

Bewertung

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)

Im langfristigen Schnitt wird die Aktie mit einem KGV von 16 bewertet, aktuell beziffert sich das KGV auf 14,6. In dieser Hinsicht besteht derzeit also eine Unterbewertung. Die Sache hat allerdings einen Haken.

Denn 2023 wird der Umsatz aller Voraussicht nach um 24, der Gewinn um 26 Prozent eingebrochen sein. Die finalen Zahlen bekommen wir am 22. Februar. Für 2024 erwarten Analysten derweil bestenfalls stagnierende Ergebnisse. Das liegt an einer Kombination aus der aktuellen wirtschaftlichen Schwäche sowie rückläufigen bzw. stagnierenden Holzpreisen.

 

Quelle: tradingeconomics.com

Die Umsatz- und Gewinnanstiege in 2021 und 2022 fußen zu einem großen Teil auf den explodierenden Holzpreisen während der Pandemie. Inzwischen befinden sich die Preise wieder im Rückwärtsgang. Damit sieht es bei der Aktie gefährlich nach einer zwischenzeitlichen und nicht nachhaltigen Gewinnspitze aus.

Je nachdem, wie sich der Holzpreis und die US-Wirtschaft entwickeln, bleibt der kurzfristige Gewinnausblick damit unklar. Aufgrund dieser zyklischen Abhängigkeit muss man derzeit eine jederzeit einsetzende deutliche Korrektur einkalkulieren.

Aufgrund der diversen Qualitäten, welche das Unternehmen mitbringt, vor allem die grundsolide Bilanz samt üppiger Nettocash-Position, kann man mit diesem Titel trotzdem ruhig schlafen. Auch der erwähnte hohe Grad an Transparenz sowie weiche Faktoren wie eine eigens geschaffene Business School zur Ausbildung von Fachkräften spielen hierbei eine Rolle. Die Aktie findet aufgrund der vielen Qualitäten deshalb auch den Weg in meine JOMO-Liste.

Aufgrund der Gemengelage könnte es dennoch Sinn machen, vorerst nur mit einer ersten Tranche einzusteigen. Zusätzlich sollte man sich einen Plan zurechtlegen, zu welchen Kursen bzw. bei welchen prozentualen Kursrückgängen man jeweils weitere Tranchen nachlegen will.

So einen Plan sollte man sich idealerweise verschriftlichen und mit Datum und Unterschrift versehen. Das mag zwar übertrieben klingen, allerdings hilft das Aufsetzen eines solchen ‚Vertrages mit sich selbst‘ dabei, diesen Plan letztendlich auch durchzuführen. Denn jeder Anleger sehnt sich nach Möglichkeiten, bei Aktien günstig einzusteigen. Wenn sich die Gelegenheit aber einmal bietet, unterliegen die meisten, getrieben durch die Kraft negativer Schlagzeilen, dann doch wieder der Angst und halten sich mit Käufen zurück.

Die Dividendenrendite ist mit 0,9 Prozent nicht hoch. Dafür überzeugt aber die schöne Kontinuität, die regelmäßigen Erhöhungen sowie die geringe Ausschüttungsquote, welche Raum für überproportionale Steigerungen bietet. Die geringe Ausschüttungsquote bietet zudem auch ein Polster im Falle zwischenzeitlich einbrechender Gewinne. Dadurch kann UFP auch in einem solchen Fall weiterhin Dividenden ausschütten.

Bilanz und Verschuldung

Über die letzten Jahre wuchs UFP organisch, aber auch mithilfe von Übernahmen.

Quelle: Q3-Präsentation

Wichtig in diesem Zusammenhang: An der bilanziellen Qualität hat die Übernahmeaktivität nichts geändert und daran möchte man weiterhin festhalten. Auch strebt man weiterhin nur Übernahmen an, die aus ökonomischer Sicht Werte für das Unternehmen und Aktionäre schaffen. In Anlehnung auf den hohen Kassenstand von einer knappen Milliarde Dollar und die makroökonomischen Unsicherheiten sagte CEO Missad im Analysten-Call anlässlich der Q3-Zahlen:

 

And while we might be tempted to force capital spending like a drunken sailor, I'm reminded of the words of Chandler Bing, who said, "You have to stop the Q-tip when there is resistance."

Übersetzung

„Und obwohl wir versucht sein könnten, Ausgaben wie ein betrunkener Matrose zu forcieren, erinnere ich mich an die Worte von Chandler Bing, der sagte: "Man muss den Q-Tip stoppen, wenn es Widerstand gibt."

 

Abzüglich der Schulden sitzt man auf einer Nettocash-Position von 682 Millionen Dollar. Diese starke Bilanz ermöglicht eine weitere Konsolidierung des fragmentierten Marktes. Dadurch ist Zeit ein Freund von UFP, welche von Skalierungsvorteilen profitiert, die die vielfach wesentlich kleineren Konkurrenten nicht haben und dadurch über kurz oder lang von großen Unternehmen wie UFP aufgekauft werden oder aufgeben müssen.

Profitabilität

Trotz der Abhängigkeit vom Holzpreis und dessen hoher Schwankungsbreite in den letzten Quartalen sehen wir ein vorteilhaftes Margenbild. Zuletzt konnte man die Marge trotz deutlichem Umsatzrückgang sogar verteidigen.

Ein Überblick über die operativen Margen der Segmente zum dritten Quartal: Retail 6,2 %, Packaging 10,7 %, Construction 11,2 %

 

Da die Entwicklung der Holzpreise an den Endverbraucher weitergereicht wird, können die Margensteigerungen nicht von dieser Seite herrühren. An der steigenden Bruttomarge kann man gut ablesen, dass diese Verbesserung von Einsparungen in der Produktion, Effizienzsteigerungen durch Automatisierung und der Auswirkung von Skalierungsvorteilen herrühren.

Auch die Entwicklung der Kapitalrenditen ist bemerkenswert, auch dann, wenn man den Zeitraum vor den starken Preiserhöhungen für Bauholz betrachtet

Wachstum

Bei UFP wird ein langfristiges Umsatzwachstum von fünf bis sieben Prozent p.a. in Aussicht gestellt. Angesichts der stabilen Bilanz, welche kontinuierliche Zukäufe ermöglicht, ist dies auch realistisch.

Die drastischen Zuwächse der Jahre 2021 und 2022 lassen sich so aber nicht mehr wiederholen. Dafür müsste es zu einer erneuten Explosion der Holzpreise kommen. So resultierten von den 68 Prozent, die die Umsätze im Jahr 2021 anstiegen, 40 Prozent aus den gestiegenen Holzpreisen sowie 24 Prozent aus Übernahmen.

Im dritten Quartal musste UFP einen Umsatzrückgang von 21 Prozent vermelden, neun Prozent davon aufgrund rückläufiger Volumina. Vor allem das Packaging-Segment schwächelt gerade – ein Vorlaufindikator für die US-Wirtschaft?

Konkurrenz

UFP ist ein bereits etablierter Player in der Branche. So unterhält das Unternehmen in den USA einen Marktanteil von 15 Prozent bei individuell gestalteten Verpackungen, zehn Prozent bei Holzpaletten und 28 Prozent bei behandelten Holzprodukten für den privaten Wohnbereich. Zudem werden 45 Prozent aller Dachstühle von Fertig-Holzhäusern in den USA von UFP produziert.

Builders FirstSource (erstmals analysiert von Tobias Krieg im Jahr 2021 zu einem Kurs von 54 Dollar!) sowie Boise Cascade (WKN: A1KCND) sind weitere große und börsennotierte Konzerne. Auch diese leiden aktuell unter den gesunkenen Holzpreisen und wirken in der Momentaufnahme ebenso günstig bewertet wie UFP.

Risiken

Dank des Aufbaus des Retail-Segments hat man die zyklische Abhängigkeit leicht reduzieren können. Hapert es in der Wirtschaft, sind Menschen eher dazu geneigt, keine neue Häuser zu bauen, sondern ihre Bestandsimmobilien stattdessen zu renovieren.

Trotzdem besteht weiterhin eine starke Abhängigkeit von Wirtschaft und Zinsentwicklung. Lahmt die Wirtschaft, wird weniger Ware verschifft, wodurch das Verpackungs-Segment leidet. In diesem Falle sowie bei steigenden Zinsen hat auch die Bauwirtschaft Probleme.

Porter’s Five Forces

Die zyklische Abhängigkeit wird im Faktor Abnehmer abgebildet. Da Home Depot und Lowe’s 15 bzw. 11 Prozent des Umsatzes (per 2022) beisteuern, besteht auch eine hohe Kundenkonzentration. Die starke Bilanz sowie guten Margen sorgen dafür, dass hier nicht fünf, sondern nur vier Punkte in der Risikoskala vergeben werden.

Ein Substitutionsrisiko besteht nicht. Im Gegenteil erfreut sich Holz gerade im Hausbau immer größerer Beliebtheit.

Die Branchenrivalität wird mit einem Punkt versehen. UFP hat eine kritische Größe erreicht und hat damit Skalierungsvorteile im stark fragmentierten Markt auf seiner Seite. Die hohe Liquidität in der Bilanz und das positive Margenbild ermöglichen es dem Konzern zudem, bei eventuellen Preiskämpfen einen längeren Atem als die Konkurrenz zu haben.

Neue Konkurrenz muss nicht befürchtet werden. Die etablierten Konzerne haben eine bereits kritische Größe erreicht. Um hier zu konkurrieren, müsste ein Emporkömmling viele Milliarden Dollar investieren und über längere Zeit Produkte zu Dumpingpreisen anbieten, um sich Marktanteile zu sichern. Das sind nicht gerade attraktive Aussichten.

Die Abhängigkeit von Holzpreisen findet sich im Faktor Lieferanten wieder. Dies kann sich sowohl positiv wie auch negativ auf die Ergebnisse auswirken. Auf jeden Fall sorgt diese Abhängigkeit für eine erhöhte Volatilität bei den Ergebnissen und dem Aktienkurs.

UFP Industries ist ein schöner Titel mit vielen Qualitäten. Die Abhängigkeit von der Wirtschaft und den Holzpreisen sorgt jedoch für eine hohe Schwankungsbreite in der Aktie, die man ins Kalkül mit einbeziehen sollte.

 

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, www.ufpi.com, terminal.stock3.com, tradingeconomics.com/commodity/lumber, am.jpmorgan.com/de/de/asset-management/adv/insights/market-insights/guide-to-the-markets/

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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