Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Nach der Analyse des Spirituosenherstellers Rèmy Cointreau werfen wir heute einen Blick auf dessen Konkurrenten Pernod Ricard. Anhand des verkauften Volumens handelt es sich nach Diageo auf Platz 1 um den zweitgrößten Spirituosenhersteller der Welt.

Der Konzern ging aus der Verschmelzung zwischen der 1805 bzw. 1932 gegründeten Pernod respektive Paul Ricard hervor. Über die Jahre hat man mithilfe von Zukäufen ein breites Spektrum an Spirituosen aufgebaut.

Zum Portfolio der Franzosen gehören bekannte Marken wie Absolut Vodka, Beefeater, Chivas Regal, Havana Club, Mumm Champagner, Glenlivet und Jameson Whisky sowie Malibu Rum. Insgesamt vereint man unter seinem Dach über 240 Marken.

28 Prozent der Umsätze werden jeweils in Europa sowie der "Region Americas" generiert. Das Geschäft Asien/Rest der Welt trägt über 40 Prozent zum Gesamtumsatz bei.

Die Ricard-Familie hält 14 Prozent am Unternehmen. Alexandre Ricard, Enkel des Ricard-Gründers Paul Ricard, leitet den Konzern seit 2015.

 

 

Quelle: terminal.stock3.com

Die Aktie konnte sich bisher am 50er Retracement (logarithmische Skalierung) halten. Darunter liegt bei rund 150 Euro nochmals eine markante horizontale Unterstützung. Fällt die Aktie unter dieses Niveau, wäre der Weg Richtung 130 und 112 Euro frei. Durchbricht der Titel allerdings die 175-Euro-Marke (hier liegt aktuell auch der 200-Wochen-Schnitt), wäre der Weg Richtung 195 und zum Allzeithoch bei 217 Euro frei.

Quelle: terminal.stock3.com

Mean Reversion – Wie im letzten Wissensbeitrag beschrieben, kehren viele Werte, sei es fundamental wie auch charttechnisch, früher oder später wieder zu ihrem Mittelwert zurück. So geschehen auch bei den Spirituosen-Aktien, welche sich wieder dem Eurostoxx (in rot) angenähert haben. Pernod Ricard führt die Riege an, was ein gutes Zeichen ist und die Chancen dafür erhöht, dass dies auch in den kommenden Monaten so weitergeht.

Bewertung

Die starken Umsatzanstiege der letzten beiden Jahre zollen ihren Tribut. So wie Rèmy Cointreau leidet auch Pernod Ricard gerade unter einer schwachen Nachfrage, da die Lager der Händler und Gastro-Kunden aktuell gut gefüllt sind. Auch halten sich einige Kunden aufgrund der hohen Inflation sowie des gestiegenen Zinsumfelds mit Bestellungen zurück. Hohe Lagerbestände kosten Geld, insbesondere wenn diese kreditfinanziert sind.

Dadurch rechnet man im laufenden Jahr mit stagnierenden Umsätzen und Gewinnen, was der Aktienkurs – zumindest zum Teil - bereits vorweggenommen hat. Vom Top hat die Aktie um rund 25 Prozent verloren und notiert inzwischen wieder auf dem Niveau vom März 2021.

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)

Die Aktie notiert damit inzwischen wieder unterhalb des langfristigen Bewertungsschnitts. Falls man den Analystenschätzungen für das nächste Geschäftsjahr trauen darf, sollte sich das KGV weiter auf 16,3 verbilligen. Da es sich um ein gut prognostizierbares Geschäft handelt, sind Schätzungen für diese Branche in der Regel vertrauenswürdiger, als es beispielsweise bei schnelllebigen Tech-Themen der Fall ist.

Jedenfalls leuchten die Ampeln bei Pernod Ricard in Sachen Bewertung grün.

Auch aus Sicht der Dividende wirkt die Aktie mit einer Dividendenrendite von 2,9 Prozent attraktiv. Die Steigerungsquote beeindruckt ebenso. So konnte das Unternehmen die Dividende in den letzten zehn Jahren im Schnitt um 11,1 Prozent p.a. steigern. Falls man auch in den nächsten zehn Jahren in diesem Tempo weitermachen kann, ergäbe sich dadurch für Aktionäre, welche zum aktuellen Kurs zugreifen, in zehn Jahren eine persönliche Dividendenrendite von über acht Prozent.

Bilanz und Verschuldung

Die langfristigen Schulden sind bei Pernod Ricard vorteilhaft strukturiert und können unter folgendem Link im Investor-Relations-Bereich auf der Konzern-Homepage eingesehen werden. Die Zinslast wird nun zwar über die nächsten Quartale steigen, allerdings nicht derart dramatisch, wie es der Anstieg des allgemeinen Zinsniveaus erwarten lassen könnte. Auch im Fall von Pernod Ricard hat man die Niedrigzinsphase dafür genutzt, sich günstig zu refinanzieren.

Es wäre allerdings begrüßenswert, wenn das Unternehmen die laufend fälligen Anleihen fortlaufend tilgt, anstatt diese wieder zu refinanzieren. Dadurch könnte man den Schuldenstand beständig drücken und die bilanzielle Qualität verbessern.

Profitabilität

Wir haben es hier mit einem sehr einträglichen Geschäft zu tun mit überaus stabilen Margen, wenn nicht gerade ein Lockdown herrscht.

Pernod Ricard profitiert von seinen bekannten und teilweise über Jahrzehnte etablierte Marken. Dies sorgt insbesondere bei Qualitätsdestillaten für einen Burggraben. Dadurch kann man auskömmliche Preise für seine Produkte verlangen.

Wachstum

Bei alkoholischen Getränken gibt es einen klaren Trend. Weniger Menge, dafür bessere Qualität. So stieg von 2015 bis 2022 das Volumen an Premium-Spirituosen um 30 Prozent an, während das Volumen des gesamten Spirituosenmarkt um 20 Prozent rückläufig war. Pernod Ricard ist für diesen Trend optimal positioniert.

Die starken Umsatzanstiege der letzten drei Geschäftsjahre waren nicht nachhaltig und sollten deshalb bei der Berechnung der durchschnittlichen Wachstumszahlen ausgeklammert werden. Wenn man den Zeitraum 2006 – 2019 vergleicht, wuchs der Umsatz um 7,7 Prozent, der Gewinn um 5,8 Prozent.

Mit diesen Zuwachsraten sollte auch künftig gerechnet werden können. Insbesondere, da man im wachstumsstarken asiatischen Markt (17 % organisches Wachstum im letzten Geschäftsjahr) gut aufgestellt ist.

Konkurrenz

Rèmy Cointreau sowie Diageo wurden bereits analysiert. Auch diese Konzerne leiden aktuell unter einer Sättigung des Marktes, sollten langfristig aber wieder wachsen können.

Die Konzerne verfügen über jeweils eigene und gefestigte Marken und der Markt ist groß genug für mehrere Spieler.

Nicht über Preiskämpfe, sondern über den Zukauf kleinerer Konkurrenten, versucht man, Marktanteile zu gewinnen.

Risiken

Wie lange es dauert, bis die aktuelle Marktsättigung verstoffwechselt ist, ist noch nicht klar. Die Ergebnisse könnten deshalb noch für mehrere Quartale dürftig ausfallen und der Aktienkurs weiter leiden.

Darüber hinaus besteht auch ein regulatorisches Risiko, da sich Staaten immer häufiger mit Bevormundungen der Bürger auszeichnen. So wie der Verkauf und Konsum von Zigaretten erschwert wird, könnte es auch mit Alkohol geschehen.

Porter’s Five Forces

Beginnen wir mit der Abnehmermacht. Diese fällt aufgrund der wiederkehrenden Zyklen im Gewerbe erhöht aus. Allerdings weist man durch die breitere Aufstellung im Vergleich zu Rèmy Cointreau eine geringere Risikobewertung aus.

Die etablierten Marken bieten derweil einen guten Schutz vor neuer Konkurrenz.

Dank der breiten Angebotspalette verfügt man über einen großen Burggraben, muss diesen jedoch stets mit üppigen Werbebudgets hegen und pflegen. In den Schoß fällt dem Unternehmen der Erfolg jedenfalls nicht. Deshalb wird die Branchenrivalität mit drei Punkte versehen.

Das Substitutionsrisiko wird aufgrund des Risikos durch staatliche Eingriffe mit einem Punkt versehen.

Die Lieferantenthematik ist kein großes Thema, da man steigende Preise auf den Endverbraucher abwälzen kann.

Die Aktie von Pernod Ricard ist ein klarer Kaufkandidat. Die Aktie ist attraktiv bewertet und winkt mit einer ansehnlichen Dividendenrendite, welche über die Jahre sogar noch weiter anziehen kann.

Wer durch die aktuelle Nachfrageflaute hindurchblickt und sich von kurzfristigen Absatzschwächen nicht aus der Ruhe bringen lässt, kann hier zugreifen.

 

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, morningstar.com, www.pernod-ricard.com, terminal.stock3.com

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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